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Blur: 13
[Food/EMI]
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Gene: Revelations
[Polydor]
[mz] Drei Durchgänge
braucht man bis man das neue Blur-Album richtig zu schätzen
weiß. Blur vollziehen mit ihrem neuen Album das, was eigentlich
jede anständige Band die kommerziell mehr oder weniger alles
erreicht hat machen sollte: Nicht alte Konzepte immer und immer
wieder aufwärmen, sondern – gerade weil man alles erreicht
hat – mit alten Gewohnheiten brechen, Experimente wagen. Nachdem
bereits das letzte, schlicht "Blur" betitelte Album BritPop
gegen amerikanisches Slackertum vertauschte, geht "13"
noch einen Schritt weiter: Zwischen die erste Single, dem formidablen
Gospel-Song "Tender", dem kompakten Swamp-Blues-Peitscher
"Swamp Song" und Graham Coxons LoFiPop-Versuch "Coffe
& TV" fügen sich hier Versatzstücke aus deutschem
Krautrock ["Battle"], englischer Psychedelic und Postrock
("Trailerpark"). Daß "13" zugleich Damon
Albarns Aufarbeitung seiner in die Brüche gegangenen Liaison
mit Justine ist [Textzeile: "When you see me, please! turn
your back and walk away"], läßt dieses Album vielleicht
zum bislang persönlichsten und intensivsten Blur-Album werden.
Denn wie verkündet schon die Single Elvis-like "Love is
the greatest thing", aber auch "Come on, come on get through
it!". Yes! Ganz anders, "Revelations", das dritte
Studio-Album von Gene, der einstigen Smiths- Epigonen und BritPop-Kollegen
von Blur. Während Blur ihren musikalischen Dunstkreis Richtung
Postrock erweitern, erstarren Gene in der Rock-Pose. Daß es
in gewisser Weise traumatisch für Sänger Martin Rossiter
gewesen sein muß, beständig mit Morrissey verglichen
zu werden, hört man auch diesem neuen Album an: Nur nicht wie
Morrissey klingen lautet gleichsam die Maxime. Daß Rossiter
aber vielleicht gerade in der Morrissey-Pose zu Hochform auflief
(wie gelungen war ihm nachhinein das erste Album und die Single-Compilation)
– die Smiths, waren, was britische Musik angeht, ja nun nicht die
schlechtesten Vorbilder – vielleicht sollten sich das auch Gene
zu Herzen nehmen. Aber zum Album: Im Gegensatz zu "Drawn to
the deep end", dem letzten Album, für das Gene acht Monate
im Studio zubrachten, entstand "Revelations" in gerade
mal 30 Tagen. Was dem Album einen gewissen Live-Touch verpaßt,
was nicht von Nachteil ist. In Kombination mit dem quirligen Pianospiel
von Martin Rossiter entstehen so musikalische Perlen wie das einprägsame
"Fill her up" oder das diverse Verschwörungstheorien
bemühende "Something in the water", ein Song über
einen mit Einsamkeit gestraften Menschen, der die Regierung für
seine Misere verantwortlich macht. Aber eben auch überflüssiges
wie "You´ll never walk again", einem pompösen Stück
Rockkitsch. Daß Gene nichtsdestotrotz mit einem absoluten
Ausnahmegitarristen gesegnet sind verdeutlicht auch das alte Tugenden
wiederbelebende "The Looker" mit den Zeilen "Give
me what I need, and I love you for an hour". Daß man
Gene allerdings immer lieber als Pop- und nicht als Rockband gesehen
hätte, das wird auch mit diesem Album offensichtlich. "Revelations"
läßt einen einmal mehr unentschlossen zurück: Begeistert
und entsetzt. |