Nr. 10 / Mai 1999

















Gästebuch


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Blur: 13

[Food/EMI]

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Gene: Revelations

[Polydor]

[mz] Drei Durchgänge braucht man bis man das neue Blur-Album richtig zu schätzen weiß. Blur vollziehen mit ihrem neuen Album das, was eigentlich jede anständige Band die kommerziell mehr oder weniger alles erreicht hat machen sollte: Nicht alte Konzepte immer und immer wieder aufwärmen, sondern – gerade weil man alles erreicht hat – mit alten Gewohnheiten brechen, Experimente wagen. Nachdem bereits das letzte, schlicht "Blur" betitelte Album BritPop gegen amerikanisches Slackertum vertauschte, geht "13" noch einen Schritt weiter: Zwischen die erste Single, dem formidablen Gospel-Song "Tender", dem kompakten Swamp-Blues-Peitscher "Swamp Song" und Graham Coxons LoFiPop-Versuch "Coffe & TV" fügen sich hier Versatzstücke aus deutschem Krautrock ["Battle"], englischer Psychedelic und Postrock ("Trailerpark"). Daß "13" zugleich Damon Albarns Aufarbeitung seiner in die Brüche gegangenen Liaison mit Justine ist [Textzeile: "When you see me, please! turn your back and walk away"], läßt dieses Album vielleicht zum bislang persönlichsten und intensivsten Blur-Album werden. Denn wie verkündet schon die Single Elvis-like "Love is the greatest thing", aber auch "Come on, come on get through it!". Yes! Ganz anders, "Revelations", das dritte Studio-Album von Gene, der einstigen Smiths- Epigonen und BritPop-Kollegen von Blur. Während Blur ihren musikalischen Dunstkreis Richtung Postrock erweitern, erstarren Gene in der Rock-Pose. Daß es in gewisser Weise traumatisch für Sänger Martin Rossiter gewesen sein muß, beständig mit Morrissey verglichen zu werden, hört man auch diesem neuen Album an: Nur nicht wie Morrissey klingen lautet gleichsam die Maxime. Daß Rossiter aber vielleicht gerade in der Morrissey-Pose zu Hochform auflief (wie gelungen war ihm nachhinein das erste Album und die Single-Compilation) – die Smiths, waren, was britische Musik angeht, ja nun nicht die schlechtesten Vorbilder – vielleicht sollten sich das auch Gene zu Herzen nehmen. Aber zum Album: Im Gegensatz zu "Drawn to the deep end", dem letzten Album, für das Gene acht Monate im Studio zubrachten, entstand "Revelations" in gerade mal 30 Tagen. Was dem Album einen gewissen Live-Touch verpaßt, was nicht von Nachteil ist. In Kombination mit dem quirligen Pianospiel von Martin Rossiter entstehen so musikalische Perlen wie das einprägsame "Fill her up" oder das diverse Verschwörungstheorien bemühende "Something in the water", ein Song über einen mit Einsamkeit gestraften Menschen, der die Regierung für seine Misere verantwortlich macht. Aber eben auch überflüssiges wie "You´ll never walk again", einem pompösen Stück Rockkitsch. Daß Gene nichtsdestotrotz mit einem absoluten Ausnahmegitarristen gesegnet sind verdeutlicht auch das alte Tugenden wiederbelebende "The Looker" mit den Zeilen "Give me what I need, and I love you for an hour". Daß man Gene allerdings immer lieber als Pop- und nicht als Rockband gesehen hätte, das wird auch mit diesem Album offensichtlich. "Revelations" läßt einen einmal mehr unentschlossen zurück: Begeistert und entsetzt.

Letzte Änderungen: 28.12.2001
Produziert von
Peter Pötsch