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Rückblick
Moderne:
Orchestermusik im 20. Jahrhundert
[col legno Musikproduktion]
[fs] Letztlich
ist es ein müßiges Unterfangen, eine wahre Sisyphosarbeit,
die hier vereinten Werke unterschiedlichster Coleur in ihrem Gesamtheit
erfassen, zu wollen, und hieran erschöpft sich auch die mit
8 CDs versuchte Unterteilung, es bleibt bei aller Bemühung
doch nur ein Fragment aus Stuttgart: Von Stravinskys skandalumwehter
Rhythmusperle "Sacre du printeps", Varèses tönendem
Elektronenmodell "Ionisation" für 13 Schlagzeuger
über eine kryptographische "In-Schrift" vom Plasmakünstler
W. Rihm zu Werken von Messiaen oder Maderna, die repräsentativ
für den rezeptiven Zustand dieses Jahrhunderts nach wie vor
einer breiteren Rezeption harren. 8 Tage-CDs schaffen zwar einigen
Platz, nur der ist der wohlbekannte Tropfen auf dem musikindustriellen
Stein, der im Geraune der öffentlichen Befindlichkeit an Kontur
zu verlieren droht. Ganz im sokratischen Geist der Hebammenkunst
stehen dann die Herren Zender, Gielen, Davis oder Hollinger, auch
mit seinem stilistisch zwischen Mahler und Berg angesiedelten "Drei
Liedern an Georg Trakl": Ein Erlebnis von Lyrik, die Musik
zur Sprache bringt – und umgekehrt: Musik, die Lyrik zum Klingen
bringt. Am selben Tag trifft man dann neben der Zweiten Wiener Schule
noch auf Carters symptomatischen "musikalischen Charaktere"
die via "metrische Modulationen" in einen Zusammenhang
eingelassen werden, der die Alterität der Charaktereinheiten
stiftet und sie so "piu cantabile" (Tagesmotto) untereinander
kommunizieren läßt (nicht allein ein primäres Anliegen
Carters). Schon diese liebevoll gestaltete Schuber-Edition mit 118-seitiger
edel illustrierter Informationsdreingabe zur Tagesordnung ("Explosion/Implosion",
"Images", "Konzept" "minimal postludien"
und zwei Podiumsgespräche), zu Werk und Gestalt lädt ein
zu einem sensitiven Gespräch mit der Neuen Musik, ist Ausblick,
Rückblick und Einblick zugleich, und das ist eine Aufforderung. |