Northern Beats
Palace
of Pleasure, dbut records und die Osloer-Szene
"I love
to dance, I love to swing my hips" verkündet eine dröge, gesampelte
Frauenstimme auf "Beat", Palace of Pleasures Beitrag zum
formidablen norwegischen Elektronicsampler "The Oslo Agreement"
[Homebase Communication / Indigo]. Darunter obskure Beats, verfremdete
Saxophonschreie und allerlei Electonica. Palace of Pleasure gehören
zusammen mit Per Platou und Ulf Knudsen (ex-Sister Rain) alias Nood,
dem zwölfköpfigen Musikerkollektiv Jaga Jazzist und Flötenweirdo
Sternklang sowie Perculator zu den interessantesten Acts der umtriebigen
Osloer Szene. Abgesehen von Jaga Jazzist haben sie allesamt auf
dem norwegischen Label dbut Records eine Heimat gefunden, haben
im weiten Feld zwischen Ambient, Drum & Bass, Dub und Hip Hop
ihre eigene musikalische Handschrift entwickelt. In Deutschland
kümmert sich Hombase Communications, der Electronic-Ableger des
Hamburger Labels Stickman Records um die Errungenschaften der Nordlichter.
Leeson traf die 1994 gegründeten Palace of Pleasure und unterhielt
sich mit Jeroen, Stian, Björn, Sigmund und Ketil alias M´ba Larsen,
Mr. Sister , Jomba La Bomba, MC/ DC und Justin Tyme über Oslo, die
Musiker-Fun-Guerilla-Organisation "Popens Interesseorganisasjon"
und DJ-Kicks-Starlette Nicolette.
Von
Markus Zinsmaier
Könnt ihr
mir etwas über die Osloer-Musikszene erzählen?
Jeroen:"Es
gibt in Wirklichkeit eine ganze Reihe von Szenen in Oslo. Die Szene
der wir uns zugehörig fühlen, das ist die Underground-Electronic-Szene.
Das sind Acts wie Sternklang, Perculator oder Sketch. Dann gibt
es da noch eine House-Szene, die vor allem in den Clubs aktiv ist."
Stian:"Wir
sind Musiker und gehören nicht zur DJ-Szene. Das ist sehr stark
getrennt, wenngleich wir uns natürlich kennen. Wir sind auf einer
kleinen Plattenfirma und machen fast alles selbst."
Björn: "Es
ist einfach, weil wir unser Konzerte selbst organisieren. Wir kennen
die Leute von den Clubs, die das booking machen..."
Jeroen:"Sie
rufen einfach bei uns an und wir sagen zu. Norwegen ist so ein kleines
Land, so daß es in der Regel kein Problem ist Gigs zu bekommen,
auch in anderen großen Städten in Norwegen."
Stian:"Das
Problem ist eher wem man absagen muß..."
Jeroen:"
Wir sind, um das mal auf den Punkt zu bringen, vollkommen unabhängig,
die (Lachen) vermutlich "most independent band"
in Norwegen..."
Ihr seid
auf der Oslo-Agreement-Compilation mit dem Stück "Beat"
vertreten. Was mir beim Anhören aufgefallen ist, ist daß das gesamte
Album irgendwie wie eine Einheit, ein geschlossenes Ganzes klingt.
Liegt das daran, daß ihr euch alle kennt, auch zusammen in anderen
Projekten mitwirkt, bzw. euere Sachen gegenseitig remixt?
Stian:"Ja,
vermutlich kann man das Hören..."
Sigmund:"Andererseits
gab es da eine große Jury. Wir spielten uns gegenseitig Demos vor
und da wir einen ähnlichen Geschmack haben, wurden Stücke ausgewählt,
die irgendwie zusammen passen."
Björn: "Vieles
auf dem Sampler ist irgendwie laidback, so eine Art Chill-out-Musik.
Das ist eine Tendenz der Osloer Musikszene..."
Jeroen:"Wir
sind nicht laidback..."
Stian:"Wir
waren laidback...Unser erstes Album ist sehr viel ambientmäßiger.
Heute mischen wir mehere Stile zusammen, haben Spaß an Beats und
auch daran live zu spielen..."
Sigmund:"Das
neue Album wird ganz anders sein: Viel beatlastiger, mit mehr Gitarren..."
Jeroen:"...und
besseren Songs. Das ist etwas, was ich bei vielen elektronischen
Bands vermisse: Songstrukturen, gute Melodien..."
Sigmund:"Auf
dem neuen Album ist auch ein Rapper dabei sowie ein Dj von Pen Jakke
an den Turntables, der scratchen wird..."
Stimmt
es eigentlich, daß ihr mit Nicolette zusammengearbeitet habt. Ihr
seid ja auf ihrem "DJ-kicks" Album vertreten?
Alle zusammen
beschämt: NEIN....
Sigmund:"In
Wirklichkeit haben wir nur mit ihr zusammen getrunken... Wir haben
sie auf einem Festival Backstage getroffen... Wir waren etwas schüchtern..."
Jeroen:"Wir
haben da einen Freund, der Journalist bei einem Radiosender ist,
der hat uns mit ihr und mit Leftfield, die auch dort waren, bekannt
gemacht."
Björn:"Wir
sagten, daß wir ihr unsere CD schicken würden. Sie hat es sich angehört,
hat ein Stück ausgewählt, hat einen Remix davon gemacht und es auf
ihre Compilation gebracht."
Sigmund:"Aber
um auf die Frage zurück zu kommen: Drinken ja, Arbeiten nein..."
Immerhin
ein Anfang... Was ist für Euch der Unterschied zwischen Euren Studioproduktionen
und Eueren Liveauftritten. Improvisiert ihr live viel?
Jeroen:"Live
das heißt: Schreien, Springen, Hüpfen, Tanzen..."
Björn:"Live
sind wir mehr wie eine Rockband..."
Sigmund:"Wir
wollen in Kontakt treten mit dem Publikum, sind dann mehr Musiker,
haben weniger Maschinen..."
Stian:"Es
gibt auch auf den CDs eine ganze Menge Improvisation. Vor allem
auf dem ersten Album "Release the pleasure", aber auch
auf "Emperor Norton". Oftmals überarbeiten wir auch Songs.
"Rainy Day" z.B.- von unserer letzten Ep – ist eines
unserer ältesten Sücke. Es ist die glaube ich vierte Version dieses
Songs."
Was ganz
anderes: Ihr seid alle Mitglieder der Musiker-Fun-Guerilla-Organisation
"Popens Interesseorganisasjon" kurz PIO. PIO verteidigt
die Rechte und Verbindlichkeiten der norwegischen Musiker, setzt
sich für breakfast in bed, kostenlose Boottrips nach Dänemark und
die Auslöschung der Rockmusik auf dem Planeten ein. Rockmusik werde
– Zitat – "von fettleibigen, pickeligen Dilettanten
mit langen Nasenhaaren" gespielt und PIO hätte für diese "degenerierte
Musikform" nur Verachtung übrig. Widerspricht das nicht ein
bißchen Euerem Live-Gebärden. Ihr benutzt ebenfalls Gitarren, Baß,
letztlich Rockinstrumente?
Björn:"PIO
repräsentiert die Popmusik. Wir machen auch Popmusik.... Aber es
geht auch um Frauen...."
Jeroen:"Die
Philosophie von PIO ist: Sei Deiner Frau oder Deinem Mann treu und
hab´sehr viel Spaß. Hab´eine gute Zeit und..."
Sigmund lasziv:
"...spiel´ P-O-P-M-U-S-I-C..."
Jeroen:"
P-O-P das sind natürlich zugleich auch die Initialen von Palace
of Pleasure... Du kannst ein Mitglied von PIO werden. PIO kümmert
sich um Gratisessen und um vieles mehr...um Konzerte und Bustrips
zu Musikfestivals etc etc etc..."
Ich bedanke
mich für das Gespräch
Diskographie:
1996
Release the Pleasure (Album, sold out)
1997
V.A.- Nicolette DJ-kicks CD" (!K7 Records)
1997
V.A.- The Oslo Agreement (dbut Records / Homebase Communications)
1997
Emperor Norton (Album, dbut Records / Homebase Communications)
1998
In the sky (EP, dbut Records / Homebase Communications) |