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Robert Normandeau:
Figures
[empreintes
DIGITALes/Staalplaat]
[fs] »Figures«,
das sind Körper, Gesichter, Linien und Kurven, Umrisse und
Konturen, wie deutlich und scharf gezeichnet auch immer. Aber auch
»Figures de rhétorique« [for tape and piano],
die die semantische, syntaktische, gedankliche und konstruktive
Beziehung von Sampling und Klavier in von Jacques Droulin [p, sampl]
freigewähltem Ablauf regulieren, eine interaktive Korrespondenz
zwischen Technik und Material. »Venture« dagegen beschwört
eine ganz persönliches Erinnerungsbild, eine Reflexion über
Erinnern und Wahrnehmen, die in der Auseinandersetzung mit den Motown-surfbeat
Poeten »The Ventures« und den »Pictures at an
Exhibition« die Gestalt eines verflochtenen elektronischen
Gewebes annimmt und dabei glücklicherweise die Materialquellen
nur erahnen lässt. Doch die Rhetorik als klassische Kunst der
Rede scheint hier Normandeau nicht aus ihren Klauen zu entlassen.
Und wenn »Ellipse« ihren freizügigen Gebrauch an
Leerstellen auch auf den Widmungsträger Arturo Parra abwälzt,
der hier virtuelles alter ego spielen darf, so ist das Gebilde doch
komplex genug, um dem Hörer einen mit knarrend-schwirrenden
Geräuschen und Streichansätzen hübsch verzierten
Raum aufzuschließen, der an die Variationsfiguren P. Henrys
[über eine Tür und einen Seufzer] erinnern. Man sieht
schon, die Bilder oder Figuren sind vielfältig, die sich ins
Gedächtnis einschleichen und dort ihre Formkraft entfalten,
wie unmerklich oder klar auch immer. Und es ist wohl der Verdienst
Normandeaus, sie aufzuspüren und in ihrer komplexen Vielfältigkeit
ans Licht zu fördern. Traumhaft excellent. |