Nr. 12 / Juli 2000

















Gästebuch


Buchseite

Diedrich Diederichsen
2000 Schallplatten 1979-1999

[Hannibal, 450 Seiten, 50 Mark/Franken]

[tb] Vorliegende Schwarte ist die Erweiterung des 1989 bei KiWi erschienen Bandes "1500 Schallplatten, 1979-1989". Damals Paperback, heute Hardcover, sammelt dieser fette Band sämtliche Plattenkritiken, die Grosskritiker Diederich Diederichsen in den vergangenen zwanzig Jahren in Publikationen wie "Sounds" (RIP), "Spex" und "konkret" verbrochen hat.

Der inzwischen 42jährige Autor, der heute nur noch sporadisch über Musik schreibt, ansonsten eine Professur an der Stuttgarter Merz-Akademie innehat, ist vielleicht der einzige deutsche Rockmusikkritiker, bei dem sich die Anlage einer solchen Enzyklopädie lohnt. Nicht immer unumstritten, hat sich der ehemalige Redakteur des leider verblichenen "Sounds" und einstige Chef der "Spex" in den vergangenen zwanzig Jahren einen guten Namen erschrieben. Mehr als einmal hat DD Diskussionen losgetreten, Diskurse eröffnet - denken wir nur zum Beispiel an die Debatte um Rock und Rechtsradikalismus ("The Kids Are Not Alright") aus den Neunziger Jahren. Nicht immer beim ersten Lesen verständlich, gelegentlich auch schon mal zur kryptischen Schreibweise neigend, begleitet Diederichsen die Musikszene seit zwanzig Jahren nicht nur mit Interviews, Reportagen und Artikeln, sondern eben auch mit der eigenen Kunstform der Plattenkritik.

Vorliegender Band ist ein feines Buch zum Schmökern, wobei die einzelnen Anmerkungen, die Diederichsen rückblickend (einmal 1989 und einmal 2000) zu den Kritiken, gibt besonders reizvoll sind. Beim Durchstöbern des Bandes wird man zum Beispiel auf unseren alten Freund und - neuerdings - LEESON-Kolumnisten, den Chilenen Alvaro Peña-Rojas stossen, dessen legendäres Album "The Working Class" (1981) DD in der "Sounds" besprochen hatte: "Naiv, wahr und nur schwer zu ertragen." Beim Durchblättern wird man bei anderen "alten Helden" wie den Mekons, dem Plan, Fred Frith, The Clash oder den formidablen Young Marble Giants hängen bleiben. In späteren Kritiken geht es um die alten SST-Heroen von Henry Kaiser oder Universal Congress Of, um Nirvana, um HipHop von Public Enemy bis Mobb Deep, Boogie Down Productions, um Postrock (Tortoise) oder Klassiker wie Curtis Mayfield und Bob Dylan. Insofern lässt sich "2000 Schallplatten" auch fast wie ein Pop-Lexikon lesen/gebrauchen, wozu auch die beiden längeren Einführungen Essays beitragen.

Max Goldt
Die Aschenbechergymnastik

[Haffmans Verlag, 370 Seiten, 36 Mark/Franken]

[Heyne Hörbuch-Verlag, 2 CDs, ca. 140 Minuten, 39,80 Mark/Franken]

[tb] "Die Aschenbechergymnastik" ist Max Goldts "Best Of Nicht-Kolumnen" als Nachfolge-Buch des im Herbst 1999 erschienen Best-Of-Kolumnen-Bandes "Okay Mutter, ich nehme die Mittagsmaschine". Der Sammelband bringt neben den Texten aus den Goldt-Büchern "Die Radiotrinkerin" und "Schließ einfach die Augen und stell Dir vor, ich wäre Heinz Kluncker" auch einige bisher nicht veröffentlichte oder nur schwer zugängliche Texte, zum Beispiel das Hörspielartige "Aus Herrn Einbuhms Badezimmerradio". Wir finden regelrechte Klassiker wie die Witzesammlung "Drei bettlägerige ukrainische Tingeltangeltänzerinnen", "Dreizimmerwohnungen oder Geweihe brennen schlecht" oder mein persönlicher Lieblingstext "Junger Mann, der sich eine Schallplatte gekauft hat", in dem Goldt ziemlich genau die Zustände in kleinen Geschäften, "die darauf spezialisiert sind, Platten von Gruppen feilzubieten, die kein Mensch kennt, mit Ausnahme von Lesern bestimmter Zeischriften", also Deinem und meinem Indie-Laden von nebenan, beschreibt. Texte, die auch aus Goldts wunderbaren Lesungen bekannt sein sollten.

Wer zu faul zum Lesen ist, respektive sich zusätzlich an Herrn Goldts angenehmer Stimme ergötzen will, der greife zusätzlich zur Doppel-Lese-CD gleichen Titels. Hier gibt es einige der Texte des Buches gelesen, und zwar entweder bei Lesungen oder extra für die CD aufgenommen. Goldt-Fans, und davon gibt es nun ja gar nicht so wenige, müssen leider beides haben - plus die im Plattenteil vorgestellte Best-Of-CD von Max Goldts alter Band Foyer des Arts.

Ralf Niemczyk/Thorsten Schmidt
From Scratch - Das DJ-Handbuch

[KiWi, 338 Seiten, 26 Mark 90]

[tb] Obwohl es sich so anhören mag: Man muss natürlich kein DJ sein, um "From Scratch" goutieren zu können. Die beiden Autoren - die beide als ehemalige Redakteure der Kölner "Spex" bekannt sein könnten - haben allerdings beim Schreiben auch die Aktiven im Auge gehabt, worauf nicht zuletzt das dritte grosse Kapitel "Recht & Geschäft" abzielt. Dort gibt es unter anderem eine kleine Einführung in das Urheberrecht sowie in Vertragsarten. Tipps zum Umgang mit Plattenfirmen und Booking-Agenturen runden diesen "Business"-Teil ab. Interessanter für Leute, die sich zwar für die DJ-Culture interessieren, aber nicht selbst aktiv sind, sind die ersten beiden Kaptiel. Das mit fast 200 Seiten längste Kapitel 1 mit dem Titel "Sounds und Geschichten" beleuchtet die verschiedenen Spielarten der "DJ Culture" mittels Interviews bekannter Protogonisten. Da plaudern WestBam, Gilles Peterson und Jeff Mills ebenso aus dem Nähkästchen, wie die im vergangenen Jahr verstorbene Kemi Olusanya (Kemistry vom Duo Kemistry & Storm), Scratch-Papst Grandwizard Theodore oder die Turntablisten X-Ecutioners. In Teil 2 des Buches geht es dann gezielter um die technische Seite des Deejaying, wobei unter anderem die amerikanischen Turntable-Wizzards X-Ectuioners und die Invisbl Skratch Piklz Tipps geben und Tricks verraten.

Letzte Änderungen: 28.12.2001
Produziert von
Peter Pötsch