Buchseite
Diedrich Diederichsen
2000 Schallplatten
1979-1999
[Hannibal,
450 Seiten, 50 Mark/Franken]
[tb] Vorliegende
Schwarte ist die Erweiterung des 1989 bei KiWi erschienen Bandes
"1500 Schallplatten, 1979-1989". Damals Paperback, heute
Hardcover, sammelt dieser fette Band sämtliche Plattenkritiken,
die Grosskritiker Diederich Diederichsen in den vergangenen zwanzig
Jahren in Publikationen wie "Sounds" (RIP), "Spex"
und "konkret" verbrochen hat.
Der inzwischen
42jährige Autor, der heute nur noch sporadisch über Musik
schreibt, ansonsten eine Professur an der Stuttgarter Merz-Akademie
innehat, ist vielleicht der einzige deutsche Rockmusikkritiker,
bei dem sich die Anlage einer solchen Enzyklopädie lohnt. Nicht
immer unumstritten, hat sich der ehemalige Redakteur des leider
verblichenen "Sounds" und einstige Chef der "Spex"
in den vergangenen zwanzig Jahren einen guten Namen erschrieben.
Mehr als einmal hat DD Diskussionen losgetreten, Diskurse eröffnet
- denken wir nur zum Beispiel an die Debatte um Rock und Rechtsradikalismus
("The Kids Are Not Alright") aus den Neunziger Jahren.
Nicht immer beim ersten Lesen verständlich, gelegentlich auch
schon mal zur kryptischen Schreibweise neigend, begleitet Diederichsen
die Musikszene seit zwanzig Jahren nicht nur mit Interviews, Reportagen
und Artikeln, sondern eben auch mit der eigenen Kunstform der Plattenkritik.
Vorliegender
Band ist ein feines Buch zum Schmökern, wobei die einzelnen
Anmerkungen, die Diederichsen rückblickend (einmal 1989 und
einmal 2000) zu den Kritiken, gibt besonders reizvoll sind. Beim
Durchstöbern des Bandes wird man zum Beispiel auf unseren alten
Freund und - neuerdings - LEESON-Kolumnisten, den Chilenen Alvaro
Peña-Rojas stossen, dessen legendäres Album "The
Working Class" (1981) DD in der "Sounds" besprochen
hatte: "Naiv, wahr und nur schwer zu ertragen." Beim Durchblättern
wird man bei anderen "alten Helden" wie den Mekons, dem
Plan, Fred Frith, The Clash oder den formidablen Young Marble Giants
hängen bleiben. In späteren Kritiken geht es um die alten
SST-Heroen von Henry Kaiser oder Universal Congress Of, um Nirvana,
um HipHop von Public Enemy bis Mobb Deep, Boogie Down Productions,
um Postrock (Tortoise) oder Klassiker wie Curtis Mayfield und Bob
Dylan. Insofern lässt sich "2000 Schallplatten" auch
fast wie ein Pop-Lexikon lesen/gebrauchen, wozu auch die beiden
längeren Einführungen Essays beitragen.
Max Goldt
Die Aschenbechergymnastik
[Haffmans Verlag,
370 Seiten, 36 Mark/Franken]
[Heyne Hörbuch-Verlag,
2 CDs, ca. 140 Minuten, 39,80
Mark/Franken]
[tb] "Die
Aschenbechergymnastik" ist Max Goldts "Best Of Nicht-Kolumnen"
als Nachfolge-Buch des im Herbst 1999 erschienen Best-Of-Kolumnen-Bandes
"Okay Mutter, ich nehme die Mittagsmaschine". Der Sammelband
bringt neben den Texten aus den Goldt-Büchern "Die Radiotrinkerin"
und "Schließ einfach die Augen und stell Dir vor, ich
wäre Heinz Kluncker" auch einige bisher nicht veröffentlichte
oder nur schwer zugängliche Texte, zum Beispiel das Hörspielartige
"Aus Herrn Einbuhms Badezimmerradio". Wir finden regelrechte
Klassiker wie die Witzesammlung "Drei bettlägerige ukrainische
Tingeltangeltänzerinnen", "Dreizimmerwohnungen oder
Geweihe brennen schlecht" oder mein persönlicher Lieblingstext
"Junger Mann, der sich eine Schallplatte gekauft hat",
in dem Goldt ziemlich genau die Zustände in kleinen Geschäften,
"die darauf spezialisiert sind, Platten von Gruppen feilzubieten,
die kein Mensch kennt, mit Ausnahme von Lesern bestimmter Zeischriften",
also Deinem und meinem Indie-Laden von nebenan, beschreibt. Texte,
die auch aus Goldts wunderbaren Lesungen bekannt sein sollten.
Wer zu faul
zum Lesen ist, respektive sich zusätzlich an Herrn Goldts angenehmer
Stimme ergötzen will, der greife zusätzlich zur Doppel-Lese-CD
gleichen Titels. Hier gibt es einige der Texte des Buches gelesen,
und zwar entweder bei Lesungen oder extra für die CD aufgenommen.
Goldt-Fans, und davon gibt es nun ja gar nicht so wenige, müssen
leider beides haben - plus die im Plattenteil vorgestellte Best-Of-CD
von Max Goldts alter Band Foyer des Arts.
Ralf Niemczyk/Thorsten
Schmidt
From
Scratch - Das DJ-Handbuch
[KiWi, 338
Seiten, 26 Mark 90]
[tb] Obwohl
es sich so anhören mag: Man muss natürlich kein DJ sein,
um "From Scratch" goutieren zu können. Die beiden
Autoren - die beide als ehemalige Redakteure der Kölner "Spex"
bekannt sein könnten - haben allerdings beim Schreiben auch
die Aktiven im Auge gehabt, worauf nicht zuletzt das dritte grosse
Kapitel "Recht & Geschäft" abzielt. Dort gibt
es unter anderem eine kleine Einführung in das Urheberrecht
sowie in Vertragsarten. Tipps zum Umgang mit Plattenfirmen und Booking-Agenturen
runden diesen "Business"-Teil ab. Interessanter für
Leute, die sich zwar für die DJ-Culture interessieren, aber
nicht selbst aktiv sind, sind die ersten beiden Kaptiel. Das mit
fast 200 Seiten längste Kapitel 1 mit dem Titel "Sounds
und Geschichten" beleuchtet die verschiedenen Spielarten der
"DJ Culture" mittels Interviews bekannter Protogonisten.
Da plaudern WestBam, Gilles Peterson und Jeff Mills ebenso aus dem
Nähkästchen, wie die im vergangenen Jahr verstorbene Kemi
Olusanya (Kemistry vom Duo Kemistry & Storm), Scratch-Papst
Grandwizard Theodore oder die Turntablisten X-Ecutioners. In Teil
2 des Buches geht es dann gezielter um die technische Seite des
Deejaying, wobei unter anderem die amerikanischen Turntable-Wizzards
X-Ectuioners und die Invisbl Skratch Piklz Tipps geben und Tricks
verraten.
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