The Lucky
Chance For The Ordinary Boys
Immer wieder
Bristol: das Duo Day One
"We
are on the dancefloor / By the seashore / She said: These nights
we dance together/ Is what I live for / I said: What about before
/ before these nights / She said: Ask me no questions and I´ll
tell you no lies / I said: What about tomorrow / She said: What
about tonight / Trust me baby / It´ll be alright..."
(Day One: "Bedroom Dancing")
Von
Verena Reinhard
Es gibt sie
noch: musikalische Glücksmomente. Das Debütalbum des Bristol-Projekts
"Day One" ist so ein Fall. Vor zwei Jahren gegründet,
haben Phelim Byrne und Donnie Hardwidge, die sich zu Beginn schlicht
"PhD" (ihre Initialen) nannten, eines der Alben des Jahres
abgeliefert.
Der
Name scheint dabei Programm: Obwohl das Album bereits im vergangenen
Herbst fertiggestellt war, wartete man mit der Veröffentlichung
noch auf den Beginn des neuen Jahrtausends. Das Debütalbum
von "Day One" sollte nicht im Wirrwarr des alten untergehen.
"Day One", die Geschichtenerzähler des neuen Jahrtausends?
Vielleicht. Dabei begann alles ganz anders.
Phelim und
Donnie spielten in einer dieser Bands ohne Zukunft, einer Soul-Funk-Band,
die vermutlich noch heute in ihrem Proberaum vor sich hin lärmt.
Nur mittlerweile ohne Phelim und Donnie, die sich schon relativ
schnell darüber im klaren waren, dass das nicht dem entsprach,
was sie sich vorgestellt hatten. Gemeinsam zog man durch die Kneipen
von Bristol, tat sich zusammen und fing an, zunächst noch ohne
Strategie, Stücke zu schreiben. Einfach aus Spaß und
weil die Zusammenarbeit fruchtbar schien. Bereits zuvor hatte Phelim,
die Stimme von Day One, begleitet von DJ Mad Cut, sich bei einem
Piraten-Sender in Bristol im Freestyle geübt. Seine Einflüsse
damals: De La Soul, Nas und A Tribe called Quest.
Phelims Vater,
ein bekannter irischer Musiker der 60er, ermunterte seinen Sohn
bei seinen ersten verbalen Übungen und brachte ihn dazu, sich
selbst in der Tradition der irischen Geschichtenerzähler zu
sehen. Schreiben gleichsam um zu verstehen, was um einen herum passierte.
Und um diese narrative Seite in der Tradition der Folksongs weiterzugeben,
nur eben moderner, im HipHop, der lebendigen Form dieser Tradition
sozusagen.
Donnie dagegen,
der Mann der hauptsächlich für die Musik von "Day
One" verantwortlich ist, entpuppt sich als Multi-Instrumentalist:
Als Kind spielt er Piano, dann Gitarre, Bass, Schlagzeug, bevor
er all die wunderbaren elektronischen Gerätschaften entdeckte.
Sein Vater: Jazzliebhaber, mit einer riesigen Plattensammlung, versteht
sich.
Aber zurück
zu "Day One" und ihrem Album "Ordinary Man".
Das erste Stück, mit dem die beiden zufrieden waren, soll "Truly
Madly Deeply" gewesen sein, erst aber mit "Waiting For
A Break" glaubten sie wirklich an eine Chance. Einem Freund
von ihnen, der in der Folge dann auch ihr Manager wurde, gaben sie
ihr Demo-Tape. Der reichte das an "3D" von Melankolik/Massive
Attack weiter. Was folgte, war ein Plattenvertrag. Mario Caldeto
Jr., der u. a. auch "Paul´s Boutique", "Ill
communication", "Hello nasty" von den Beastie Boys
produzierte, mixte mit Phelim und Donnie das Album in L.A..
"Ordinary
Man" erzählt elf Geschichten, elf Situationen, elf ordinäre
Schicksale. Es geht um das Dramatische im alltäglichen Leben;
Dinge, die jeder kennt: Bars, gescheiterte Liebesbeziehungen, universelle
Themen im zwischenmenschlichen Bereich. Das Gefühl, dass man
ganz nah an etwas Großem dran ist, aber es dann wie immer
eben doch nicht ganz schafft. Die Musik dazu: Ein Mix aus HipHop,
Pop, Folk und Groove. Auch wenn es um gescheiterte Existenzen und
verlorene Träume geht, bleibt die absurde oder ironische Betrachtungsweise
nicht aus. Und es sind gerade diese zwei Ebenen in der Betrachtungsweise,
die "Day One" so verdammt reif erscheinen lassen, dass
man ihnen ihr Alter von Anfang 20 gar nicht recht abnehmen möchte.
Wichtig scheint
für Phelim und Donnie, wie sie immer wieder betonen, auch die
Livepräsentation ihrer Stücke zu sein: Weil man da nicht
schummeln kann und man erst da sieht, was die Songs wert sind. Auch
wenn es ihnen zuerst unangenehm ist, auf der Bühne zu stehen.
Das war Phelim auch beim Konzert im Hamburger MarX im April anzumerken:
Noch etwas unsicher und mit belegter Stimme und eckigen Bewegungen
kamen die ersten Songs von der Bühne. Nachdem sie überraschenderweise
mit "Bedroom Dancing", meinem persönlichen Favoriten,
angefangen hatten. Als ihr eigener Favorit entpuppte sich live dann
allerdings das für mich schwächste Stück des Albums:
"In Your life", das sie dann auch einem kleinen, aber
begeisterten Publikum als Zugabe noch einmal spielten.
Ja, ordinary
sind Phelim und Donnie ja jetzt nicht mehr so richtig, und das Glück,
das die beiden hatten, klingt ja auch eher nach abgedroschener Soap-Opera
und garantiert nicht wie ihre eigenen Texte enden... höchstens
eben in der Phantasie. Bleibt zu wünschen, dass die beiden
so sympathisch bodenständig bleiben: Nach dem Konzert konnte
man sie vor den Hamburger Markthallen an öffentlichen Fernsprechern
sehen... noch kein Handy... das will wirklich noch was heißen...!!
"If I
were good looking / and had a pretty face / and if I could walk
/ and speak with grace / and if I had style / then I wouldn´t
have to look down / when she walked by / ... / I´ll guess
I´ll have to accept, that I´m / just an ordinary man
/ I´m just an ordinary man / ... / and maybe that one day
/ She´ll want to be with me / and maybe she´ll love
me / for who I am / just as that ordinary man..."("Ordinary
Man")
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