Nr. 12 / Juli 2000

















Gästebuch


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Be-Bop Deluxe

Modern Music

[EMI]

[cp] Feine Wiederveröffentlichung von 1976! Nur gerade vier Jahre lang existierte die britische Band Be-Bop Deluxe, ehe sie 1978, kurz vor Erreichen des Supergruppen-Status, von deren Mastermind Bill Nelson kurzerhand aufgelöst wurde. Schillernd und kompakt zugleich glänzte die zu Unrecht im ewigen Rockarchiv verschollene Combo mit kraftvollem Art-Rock, geprägt von Nelsons ungeheuer flüssigem Gitarrenstil und einer höchst seltsamen Balance von erdigem Streamrock, versierter Hektik, Science-Fiction-Szenarien und der angenehm individuellen Schreibe des All-Song-Komponisten Nelson. Der stürzte sich nach dem Ende von Be-Bop-Deluxe mit seinem Projekt Red Noise in die hektische Welt des New Wave, die der Mann schliesslich mit scharfem Auge fürs Visuelle bei Be-Bob Deluxe mitinitiiert hatte. Gruppen wie Ultravox oder die frühen XTC bedienten sich gern der Ästhetik des Art-School-Absolventen Nelson, der sich und seine Musiker auf dem Cover von "Modern Music" in dezent-graue Anzüge steckte, die Kravatten nicht vergass, sowie ein paar nette, kleine Reminiszenzen an die Fünfziger-Jahre-Billig-Futurologie (der Nelson heute noch als Solomusiker mit seiner CD-Trilogie huldigt) als Dreingabe platzierte.

Musikalisch legte Be-Bop Deluxe mit ihrem zweitletzten Studioalbum ihr wohl ausgereiftetstes und versiertestes Werk vor und dämpften gekonnt ihre mit dem Vorläuferalbum "Sunburst Finish" etablierten Hardrockausbrüche: "Den Titel "Modern Music" verdankte die Platte dabei weniger futuristischen Klängen als des Meisters Vorliebe für surreal angehauchte Texte aus einer amalgamierten Zukunft zwischen silbernen Flash-Gordon-Rockets, Space-Cowboys und atomgetriebenen Armbanduhren. Alleine die Melodien der 15 Titel auf dem Album belegen Nelsons Klangzauberkünste, eine Fähigkeit, die der inzwischen zur Homerecording-Zunft gestossene Musiker (an die 50 Alben hat der Mann schon aufgenommen!) nicht verloren, sondern weiterhin locker aus dem Ärmel schüttelt. Ganz nebenbei - das wird spätestens beim Lesen eines Interviews mit Nelson auf seiner Homepage deutlich - ist hier eine höchst interessante Persönlichkeit am Werk, die beispielsweise in ihrem Internet-Tagebuch nicht davor zurückschreckt, uns darauf hinzuweisen, dass wir in depressiven und reaktionären Zeiten leben. Die Zukunft ist noch nicht ausgebrochen und beim Hören von Platten wie "Modern Music" könnte man beinahe auf den Gedanken kommen, es sei bei den futurologischen Entwürfen der Siebziger Jahre geblieben. Fürwahr ein Grund, sich mit den Platten von Be-Bop Deluxe schlau zu machen.

Letzte Änderungen: 28.12.2001
Produziert von
Peter Pötsch