Platten aus
der Schweiz
Von
Thomas Bohnet
Eine gehörige
Portion Melody-Punk der guten alten Dinosaur Jr. oder Lemonheads
haben die exzellenten Laussanner Chewy gefressen, deren Debütalbum
"Whattookyousolong" [b-track/Connected] mich aber auch
an die besten Momente der ebenfalls aus der französischen Schweiz
kommenden Bands Maniacs und Needles erinnert, zwei Gruppen, die
in den Achtzigern und frühen Neunzigern mit zum Besten der
Schweizer Rockszene gehört haben. Zwingende Melodien, ein paar
griffige Hooks, feine Gitarrenlinien und der hübsche Gesang
(gerne auch mehrstimmig) zeichnen feine Tracks wie "Tomcat"
oder "Second Hand Magic" aus. Ihre Liveklasse haben Chewy
jüngst im Vorprogramm der Deuschland-Tour der Münchner
Sportfreunde-Stiller bewiesen und dabei vor gut 1800 begeisterten
Fans im ausverkauften Münchner Babylon richtig geglänzt.
Eine interessante
Platte aus dem Hause Noise Product aus Genf flatterte mir unlängst
per Post ins Haus. Das Subtone Trio ist eine Gruppe, die
auf "Load" (Noise Product/RecRec, kein deutscher Vertrieb)
mit Trompete, Vibraphon und Programming einen ziemlich eleganten
Spagat zwischen Jazz und Drum&Bass wagt. Die Gruppe um den 65jährigen
Trompeter Jean-Claude Geiser, den 26jährigen Programmierer
und DJ Daniel Geiser sowie den 23jährigen Vibraphonsten Bertrand
Blessing besticht durch exzellentes Zusammenspiel.
Ebenfalls aus
der welschen Schweiz kommt das Bingo Bill Orchestra, dessen
Album "Moustache" [Noise Products/RecRec/kein dt. Vertrieb]
zwischen frankophonem Rock, lo-fi-Pop, Fake-Country und allerlei
anderem durch raffinierten Witz besticht. Laut Waschzettel der Plattenfirma
sieht man sich irgendwo zwischen den beiden französischen Acts
Dyonisos und Dominque A eingeordnet (mehr zur Dyonisos auf der Seite
mit frz. Neuheiten). Wobei einige sehr hübsche, mal französisch,
mal englisch gesungene Stücke abfallen: "Supertonic"
oder "Home Again" zum Beispiel.
Nicht so viel
anfangen kann ich mit der arg bemühten "Witzischkeit"
(Hape Kerkeling) des Baslers Ego-N, der auf seinem jüngsten,
dritten Album "Here I Am" [Bong/Kein deutscher Vertrieb]
zwischen Lo-Fi-Pop und Gitarrengeschrammel auch mit dünnen,
blöden Rap-Persiflagen ("Hier bin ich") und öden
Schlagerveralberungen nervt. Mein Gott! Was hier als "schrägster
Schweizer Pop-act" angekündigt ist, langweilt über
weite Strecken nur. Nein, im Jahr 2000 sind Schlagerparodien nicht
mehr witzig, auch nicht, wenn sie tuntig oder mit französischem
Akzent vorgetragen werden! Naja, mit dem amüsanten "Ich
bin in einem Lautsprecher eingesperrt" und der an den Beatles
und Pink Floyd geschulten Minisinfonie mit dem schönen Titel
"Und plötzlich hast Du das Gefühl, sehr viel Alkohol
trinken zu müssen", macht Ego-N wieder Punkte gut. Überflüssig:
das Cover von "Even In The Quietest Moment" - im Original
von Roger Hodgson und seiner Idiotenkapelle Supertramp.
Richtig klasse
sind, wie schon im letzten Heft angepriesen, die ebenfalls aus Basel
kommenden Knut & Silvy. Deren damals besprochenes zweites
Album "Visit" [Make Up/RecRec/EfA] ist inzwischen auch
in Deutschland herausgekommen.
Wie die oben
erwähnten Chewy kommt auch das Trio Zorg aus Lausanne. Deren
erstes Album heisst schlicht "Zorg" [RecRec, EfA]
und zelebriert einen melancholischen, dunklen, folkinspirierten
Rock, nicht unähnlich zu diversen 4-AD-acts, bei dem auch schon
mal ein Cello aufgefahren wird. Hübsche Platte.
Nomen est omen
gilt beim Berner Trio The Monsters, das auch auf dem neuen
Album "Jungle Noise" [Voodoo Ryhthm/RecRec] lustvoll im
Garagen-Trash und Psychobilly herumwühlt und 19 Songs durch
die Anlage jagt. Aaargh!!! |