Der ganze New
York Scheiß......
Die US-amerikanische
Band "The Wrens"
Sympathisch
unverkrampft, frech und mit unglaublicher Spielfreude gingen die
US-amerikanischen "Wrens" bei ihrem ersten Livebesuch
in Deutschland zu Werke. Zum Beispiel im Konstanzer Kulturladen.
In ihrer Heimat und in England gab`s schon massenweise guter Konzert-
und Plattenreviews - hierzulande sind die Wrens noch unbeschriebene
Blätter. LEESON sprach mit den Vieren aus New Jersey nach ihrem
Konstanzer Auftritt.
Von
Thomas Bohnet
Als "Band
wie die Pixies" wurden die Wrens von ihrem deutschen Promoter
angekündigt, der kurzerhand, die drei, vier Songs, die nach den
alten Helden klingen, auf ein Demotape packt und in die Welt hinausschickt.
Trotz eindeutiger Querverweise, besonders deutlich bei den Songs
"Napiers" und "Leatherside" herauszuhören, haben
die Vier aus New Jersey allerdings mehr zu bieten als bloß Pixieeskes.
Nachzuhören auf ihrem ersten Album "Silver" und eindrucksvoll
demonstriert beim Konzert. Spannend ist das Zusammenspiel von schräg
getrimmten Gitarren und mehrstimmigem harmonischem Gesang. Die Pixies
lassen genauso grüßen wie die Squeeze, wenn die noch jemand kennt.
Den Sixties-Beat hat man wohl genauso aufgesogen wie den Punk in
all seinen Ausformungen. Dabei scheinen sich die Brüder Greg und
Kevin Whelan an Gitarre und Baß, Drummer Jerry MacDonald und der
zweite Gitarrist Charles Bissell nicht auf einen eindeutigen Stil
festlegen zu wollen. Während des Konzertes driftet man von einem
Extrem ins Andere. Popsongs mit kratzenden Gitarren stehen kleinen
Punkhymnen gegenüber. Zwischendurch wird einfach mal ein Titel angespielt
und dann plötzlich beendet oder man driftet in experimentellere
Gefilde ab. Das Bühnenverhalten der Vier ist mehr als sympathisch.
Ziemlich lässig und erfrischend frech spielen sie ihren Set und
halten die Spannung aufrecht. Auch wenn ich nicht der Meinung des
Kollegen mrg bin, der die Wrens-Platte sogar in seinen letzten Redaktionscharts
hatte: Live sind die Jungs dagegen eine echte Entdeckung.
Wie kommt man
dazu, einen solchen Mix der Stile und musikalischen Querverweise
zu spielen? - "Wir hören alle so viele verschiedene Musik",
meint Kevin, "wobei wir sowieso Bands nicht mögen, die nur
einen Stil draufhaben. Das ist, als ob Du nur eine Emotion zur Verfügung
hättest. Dabei soll auch die Musik alles ausdrücken: Happy, angry,
sad - das ganze Gefühlsspektrum". Man sei eben schnell gelangweilt,
pflichtet ihm Gitarrist Charles bei. Also wechselt man die Stile
durch. Immerhin einigen sich die Vier im Interview auf eine Lieblingsband:
die Beatles. "Nimm deren weißes Album und du hast die ganze
Bandbreite von Rockmusik, vom krachenden Gitarrenlärm bis zum feinen
Popsong", meint Kevin.
Angefangen haben
die "Wrens" vor fünf Jahren als lokale New Jersey-Rockband,
die Coverversionen spielt. Was für Cover? "Alles mögliche,
von den Beatles, Pixies, Squeeze, Smiths, Kinks", erzählt Gitarrist
Greg. "Aber das wollte niemand hören, die wollten bloß Bon
Jovi, Metallica und solches Zeug", ergänzt Charles. Nach einer
Zeit habe man gemerkt: "Cover versions sucks!" Also stieg
man auf eigene Stücke um und ist nach New York gezogen. Etwas außerhalb
der City leben die Vier zusammen in einem Haus, in dem sie auch
ein eigenes kleines Studio unterhalten. Das eigene Studio sei zum
einen billiger, außerdem bekomme man das Ergebnis, das man wolle.
"Nach dem Umzug machten wir erstmal den ganzen New-York- Scheiß
mit", erzählt Charles. Tapes aufnehmen, in kleinen, schrecklichen
Clubs spielen, etc. "Das ist nicht so wie hier", sagt
Greg, "wo die Leute zu den Gigs kommen, weil sie die Musik
lieben (wirklich?, d.V.). Du wirst dort viel schlechter behandelt.
Wenn da zehn Bands am gleichen Abend auftreten, darfst du vielleicht
15 Minuten spielen. Das hängt davon ab, wieviele Leute du an die
Tür gebracht hast." "Manche Promoter haben an der Anlage
Eieruhren", sagt Kevin, "und die stellen die, je nachdem
wieviel Publikum du gebracht hast. Nach 15 Minuten klingelt der
Wecker und die stellen dir den Strom ab." Der Sound sei meistens
halt auch nicht so toll. Der Soundmann stellt die Anlage ein und
geht dann Bier trinken. Verpflegung, Hotel, etc, könne man sowieso
vergessen. Die übliche Klage vieler US-amerikanischer Bands also,
daß sie zuhause wie der letzte Dreck behandelt werden. Ist das nur
in New York so? "In Los Angeles auch, aber New York ist das
Schlimmste", meint Greg. Die Konkurrenz sei halt zu groß. Im
Mittelwesten sei es dagegen besser, dort gebe es gute Clubs, die
dich besser behandeln.
Inzwischen,
nach ihrem von der Presse allgemein abgefeierten Debütalbum (auf
dem Indielabel Grass Records erschienen) und zahlreichen Konzerten,
haben sich die "Wrens" allerdings auch in New York ihren
Fanzirkel aufgebaut.
Können die Vier
vom Musikmachen leben? "Geht so", sagt Kevin. "Für
die Europatour haben wir halt unsere Jobs aufgegeben". Was
für Jobs? Charles: "Kevin und ich arbeiteten für eine der größten
Musik- und Managementagenturen für klassische Musik. Wir betreuten
zum Beispiel das Stuttgarter Kammerorchester oder das russische
Nationalsinfonieorchester. Aber wir gaben das auf, weil....."
- "It sucks", ergänzt Kevin. "Andererseits",
so Charles, "wären wir ohne die Agentur nie hierhergekommen.
Wir haben einfach das Telefon umsonst benutzt, um die ganzen Kontakte
zu machen.
Das neue Album
soll übrigens schon im September, auch in Europa, erscheinen. Auf
Tour werden wir die Wrens im nächsten Frühjahr in Deutschland wiedersehen.....
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