"Mal
sehen, was der Kraut in seiner Kiste hat.."
Die Berner
Alboth! mit ihrem neuen Album "Ali"
Von
Thomas Bohnet
Vor fünf Jahren überraschte die Berner Band Alboth! mit ihrem ersten
Mini-Album "Amour 91" die Musikwelt. Das radikale Werk
zwischen Jazz-Core und Death Metal, gepaart mit einem, aus der Klassik
kommenden, Musikverständnis, stiess international auf teilweise
euphorische Kritiken.
Pianist Peter
Kraut, Bassist Christian Pauli, Sänger Daniel Lieder und der exzellente
Drummer Michael Werthmüller absolvierten auch ihre ersten Konzerte
ausserhalb der Schweiz. Legendär war etwa ihr erster deutscher Auftritt
im Konstanzer Kulturladen im Januar 1992 - noch vor dem Kritikerhype
- als Alboth! auf ein völlig unvorbereitetes Publikum trafen. Die
Reaktionen waren damals ziemlich interessant: Während die eine Hälfte
restlos begeistert war, zeigte sich die Andere entsetzt ob des brachialen
Soundgewitters, das da im kleinen Raum auf die Menge niederprasselte.
Das Album "Liebefeld"
und die Mini-CD "Leib" folgten dem Debüt und Alboth wurden
als das derzeit heisseste Ding herumgereicht. Inzwischen hat sich
die Begeisterung über die Klangkonstrukteure etwas gelegt - der
Zeitgeist wendet sich nun anderem zu. Mit "Ali", ihrem
zweiten "ganzen Album", melden sich die vier Schweizer
jetzt zurück. Beim italienischen Label "Sub/Mission" erschienen,
kümmert sich im deutschsprachigen Raum inzwischen der alte Independent-Haudegen
Alfred Hilsberg (What`s So Funny About) um die Berner. "Wir
haben ungefähr dreissig Plattenfirmen weltweit angeschrieben",
erzählt Christian Pauli. "Zwei haben sich gemeldet, wobei wir
Sub Mission eigentlich gar nicht gefragt haben. Die haben sich selber
gemeldet." Alfred Hilsberg kenne man auch schon länger, sagt
Christian: "Der war halt immer der Ansicht, als seien wir schon
in guten Händen, also hatte er uns bislang nicht gefragt".
Hat sich eigentlich
der ganze Medienhype für Alboth! bezahlt gemacht, haben sie es jetzt
leichter mit ihrer doch sehr eigenen Musik? - "Ja und nein",
sagt Christian. "Generell ist es natürlich gut, mit solcher
Musik überhaupt überall auftreten zu können. Mit "Ali"
haben sich jetzt endlich einmal auch Leute dahintergeklemmt, die
ansatzweise professionell arbeiten. Aber das ganze Geschäft ist
schon sehr mühsam." Vor allem in der Schweiz haben Alboth!
erhebliche Probleme: "Da trifft vielleicht das alte Klischee
zu, vom Propheten, der im eigenen Land nichts gilt. Pressemässig
läuft in der Schweiz verdammt wenig." In Deutschland habe sich,
so Christian, als Nachteil erwiesen, "dass wir dort seit langem
nicht mehr tätig waren." Richtig gut laufe es vor allem in
Frankreich: "Dort gibt es eine richtige Szene, zu der man uns
auch dazuzählt. Nachdem wir dort angefangen hatten, in kleinen Clubs
zu spielen, kommen jetzt die Grösseren und die Festivals auf uns
zu. Befreundete Bands erwähnen uns in Interviews und wir selber
werden von französischen Journalisten gefragt: In der Schweiz gibt
es Alboth!, die Young Gods und Goz Of Kermeur. Was gibt es sonst
noch?"
Beim neuen Album
fällt auf, dass die Vier diesesmal viel mit Sampling gearbeitet
haben, das übliche line-up mit Bass, Piano und Drums erweitern.
Steckt da ein neues Konzept dahinter? "Eigentlich nicht",
sagt Christian. "Der Kraut hat den Sampler als Instrument miteingebracht,
das uns sehr entgegenkommt. Er ist einer der zehn Möglichkeiten,
die wir jetzt haben, Stücke zu machen, der Sampler hat die klanglichen
Möglichkeiten erweitert. Zu Anfang war der Sampler nur als Soundquelle
gedacht, mit der man auch live spielen kann. Jetzt brauchen wir
ihn auch, um darauf Stücke zu entwerfen. Der Vorteil ist, du kannst
die Komposition genau so spielen, wie du sie spielen willst. Besonders
für Michael (den Drummer, tb) ist es interessant, auf Samplingbasis
seine Stücke zu machen. Wenn ich ein Stück bringe, hat das
zuerst mit Sampling wenig zu tun. Vielleicht kommt das dann noch
dazu und man schaut halt, was der Kraut noch in seiner Kiste hat
und ob das reinpasst."
Beim Stück "Berger",
das auch mit Vibraphon arbeitet, hört man einen für Alboth! ungewöhnlichen
Ambient-Touch heraus. "Also Ambient und Techno ist schon auch
ein Einfluss", sagt Christian. "Wir hören uns das an und
das ist auch eine Musik, die das Klangspektrum entdeckt hat. Es
ist jetzt aber nicht so, dass wir einfach von Ambient-Platten runtersampeln.
Wo wir die Sounds herhaben, das ist Zufallsprinzip. Du hörst einfach
mal dieses und jenes. Wir haben aber auch selber Sounds aufgenommen,
zum Beispiel auf Metallplatten rumgekratzt und das dann aufgenommmen.
Du kannst mit diesen Sounds ja wirklich alles machen. Das gute am
Sampler ist, du kannst die Sounds von allen Seiten aus ansehen."
Auf der anderen
Seite des Klangspektrums auf "Ali" steht dann ein Stück
wie "Rafael", das ganz dem alten Alboth-Stil verhaftet
ist, Jazz-Core. "Wir haben diesesmal jedes der Stücke komplett
verschieden aufgenommen. Mit "Ali" gehen wir gleichzeitig
in verschiedene Richtungen. Wir wollten auch, dass da ruhigere Stimmungen
reinkommen. Das versuchen wir jetzt auch live so zu machen."
Wichtig sei diesesmal auch der Soundingenieur gewesen: "Patrick
Schwitter hat sich viele Freiheiten rausgenommen und wir sind mit
dem Ergebnis auch sehr zufrieden. Das Stü:ck "Landolt"
zum Beispiel war unser schwierigstes Stück. Das kam nicht so raus,
wie wir uns das dachten. Da haben wir Patrick gesagt: Einfach Freipass
für dieses Stück!"
Wenn dieses
LEESON erscheint, haben Alboth ihre ausgedehnte Deutschland-Tour
gerade beendet. Im April werden die vier Berner dann in der Schweiz
live zu sehen gewesen sein: am 4.4. in Thun (Caf‚ Mokka), am
6.4. in Zürich (Rote Fabrik) und am 12.4. in Bern (Reithalle). |