Bart Hopkin
Gravikords, Whirlies & Pyrophones: Experimental Musical
Instruments (Ellipsis Arts) Uakti
Trilobyte
(Point)
[lind] GWP führt ein in eine Wunderwelt überschäumender
Kreativität (der Haßbegriff der 70er und 80er Jahre - vgl. Kreativkurse - scheint hier
tatsächlich mal seine Berechtigung zu haben), die sich nicht einengen läßt von den
Erfordernissen einer vorgefundenen Hardware: ist es eine geschlossene Anstalt? You never
know...Bart Hopkin, homebase San Francisco (wo sonst?), ist der Herausgeber eines
Mini-Magazines, das nicht zufällig den Untertitel dieser Compilation trägt und auch
Autor des schönen Buches im Package (die Qualität der Arbeit von Ellipsis wurde schon an
anderer Stelle in diesem Hefts gelobt): Ein beeindruckend abseitiger Führer auch durch
die Geistesgeschichte dieses Jahrhunderts, zwischen bedingungsloser Technik- und
Fortschrittsgläubigkeit (Theremin, Autohupenorgel (!)) und offensiv vertretener Retour à
la nature-Attitüde (Tonperkussion, singende Bäume, Bambusmusik). Im Spannungsfeld
zwischen Tradition und Moderne bewegt sich auch die Ideologie und die hervorragende Musik
der brasilianischen Band Uakti (gesprochen Wa-ki-tschi); eine Band, die, wenn es sie denn
nicht schon gäbe, von Fanatics wie Hopkin erfunden werden müßte. Uakti ist übrigens
eine indianische Gottheit, deren löchriger Körper am Ufer des Rio Negro zu finden war:
wenn der Wind durch die Löcher pfiff erzeugte er eine unirdisch schöne Musik, so die
Legende, die die Mädchen des Dorfes magisch anzog. Voller Haß und Mißgunst jagten die
eifersüchtigen Männer Uakti, töteten ihn und begruben ihn im Wald: sofort wuchsen an
der Stelle große Palmen, aus deren Holz die Indianer neue Instrumente fertigten, deren
melodiöser, betörender und melancholischer Ton die Handschrift Uaktis trug... besser
(und: schöner) kann man die tribalistische und doch avantgardistische, die distanzierte
und doch sentimentale Musik Uaktis kaum beschreiben; die Klänge der aus natürlichen
Stoffen wie Holz, Metall, Kautschuk usw. selbstgefertigten Instrumente atmen, erzeugen
vibrierende Räume, die die klassisch erzogenen Musiker des in der brasilanischen
Provinzhauptstadt Belo Horizonte beheimateten Quartetts mit ungeheuren Effektivität
kontrollieren. eine neue schöne Veröffentlichung des Point-Labels von Philip Glass. |