Sukia
Contacto Especial con el Tercer Sexo
(Nickelbag/Motor)
Tipsy
Trip Tease
(Asphodel)
[lind] Hey, mein Abstieg in die Hölle des easy listening
(düstere Gefilde, die nach Meinung von Theologen und anderen Experten lediglich vom
Kollegen Bohnet bewohnt werden, der dort für alltägliche Anmassungen wie "In
Frankreich wäre ich Gott" und: "Ich bin ja so ein Workaholic" in einer
knallroten Lounge von bezaubernden Teufelinnen an Franz-Lambert-Orgeln gequält wird).
Eigentlich ein naheliegender Einfall, die Spitzen der Cocktail music im Sampler zu cracken
und neu zu arrangieren. Esquivel und Mancini ging es im Grunde genommen nicht anders wie
Aphex Twin (um mal ganz platt ein paar bessere Vertreter der Kategorie easy listening mit
einem heutigen Chef-Elektroniker zu kontrastieren) um die Eweiterung des Soundbegriffes.
Die ästhetische Strategie des Sampling kommt dem im Prizip sogar sehr analytischen
Grundansatz der elevator music als mood music sehr entgegen (welche Effekte erzeugen wohl
welches Wohlbefinden?). Welcome im Wunderland der virtuellen Vibraphone: über
"Sukia" war anfangs Verstreutes in wenigen Magazinen zu lesen, was dann doch
interessant klang...über e-mail versuchte ich an die produzierenden Dust Brothers (die
LA-Sampling-Chaoten, die für den Wahnsinn der "Beastie Boys" auf "Paul´s
Boutique" und die letzte Beck verantwortlich waren) zu erreichen, auf deren neuem
Label Nickelbag Records die Platte auch erschienen war ursprünglich. Da sich nix rührte,
besorgte ich mir die Scheibe via Import, nur um rauszufinden, daß sie inzwischen von
Motor Music lizensiert worden war, deren Ausverkauf von elektronischem Untergrund hier mal
anständig gedisst werden soll. Haha! Ein Mann gegen den Mainstream. Tatsächlich zu
"Contacto Especial con el Tercer Sexo" zu sagen ist: Finger weg! Eine
Scheiblette, die trotz verheissender Titel wie "Gary Super Macho" und
"Dirty Afro" von einer in easy-Kreisen weit verbreiteten
Meine-Güte-was-sind-wir-doch-heute-wieder-schräg-drauf-Haltung getragen wird. Außerdem
mag der auf der Platte vorherrschende, typisch amerikanische Sexploitation-Humor nicht
jedermanns Sache sein.
Viel besser (ach was: richtig klasse) ist dagegen Tipsy, ein
Elektronik-Piraten-Duo aus San Francisco. Musikalische Rafinesse und glamouröse Eleganz
mögen heute nicht mehr Primärtugenden des Pop sein, für die Dauer einer CD-Länge
kehren sie aber zurück. Latin tinge, schwüle Orientalismen, kitschige Flügelhörner und
Surfgitarren. Vielleicht haben wir ja auch mal die Gelegenheit, der sensationellen
Liveshow der Band habhaft zu werden, die außer der Tipsy-Stammcrew an den Rechnern auch
noch diverse Musiker an "richtigen" Instrumenten und vor allem die unglaublichen
Skills von DJ-Weltmeister Mixmaster Mike von den "Invisbl Scratch Picklz" auf
die Bühne bringt: Cool, funky und verdammt sexy!
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