Nr. 6 / Juli 1997

















Gästebuch


TINDERSTICKS

Curtains

[Island/Mercury]

[mz] Vor jedem Liveauftritt, so erzählte Stuart Staples erst kürzlich in einem Interview, lägen seine Nerven bloß, erst Unmengen von Alkohol ermöglichten ihm den Gang hinaus auf die Bühne, ans Mikrophon. Staples hat auch mit Erscheinen des dritten Studioalbums der Tindersticks live seine Nervosität noch nicht hinter sich lassen können. Sei’s drum! Im Studio sieht das alles ganz anders aus. Die Tindersticks, die sich aus den Überresten der nicht minder formidablen "Asphalt Ribbons" aus Nottingham formierten, setzen mit "Curtains" ihre ganz eigene Reise in melancholische Klangwelten fort. Sie sind dabei niemals affektiert oder pathetisch. Selbst wenn ihre Lieder von Herzblut und Schmerz durchtränkt sind, dann hat das zuallererst etwas mit Stil, weniger mit selbstgefälligem Pathos zu tun. Auch auf "Curtains" prägen schwelgerische Streicherarrangements und die tiefe, zärtliche Stimme von Stuart Staples das Gesamtbild. "We are artists/ We are sensitive and important" heißt es in der "ballad of tindersticks". Zwischen "Strangers-in-the-night"-Ausflügen, late night-Barjazz und kostbaren, orchestralen Pop-Perlen finden sich auf "Curtains" immer wieder Brüche, sei es das wunderbar schräge, schlicht "fast one" betitelte fünfte Stück dieses Albums oder "buried bones", Staples Duett mit Ann Magnuson (Bongwater). Nichts an den Tindersticks ist neu, und doch kann niemand diesen Meistern der melancholische Ballade in ihrem Genre auch nur annähernd das Wasser reichen. Die Tindersticks sind groß! Nick Cave schrumpft neben ihnen zu einem lächerlichen, pathosgeschwängerten, abgeschmackten Ersatzdandy.

Letzte Änderungen: 28.12.2001
Produziert von
Peter Pötsch