Alvaro
Drinkin my own
sperm
[Hilde Schneider,
Bahnhofstr. 14, 78462 Konstanz]
[tb]
Ziemlich genau zwanzig Jahre nach der Erstveröffentlichung bringt
Alvaro, der "Chilene mit der singenden Nase", seinen Klassiker
erstmals auf CD heraus. Inzwischen 54jährig lebt Alvaro Peña-Rojas,
nachdem er mehr als zwei Jahrzehnte lang in London und später Konstanz
gelebt hat, wieder in Valparaiso/Chile. Wobei es den in der internationalen
Undergrounszene geschätz-ten Musiker alle paar Monate nach Europa
verschlägt, wo er zusammen mit deutschen Musikern hin und wieder
live auftritt. Seine jüngsten Projekte waren Piano-Gesang-Programme
mit südamerikanischen Schnulzen.
Aber Alvaro
hat eine ziemlich bewegte Biografie, die hier wenigstens kurz angerissen
werden soll. Einst, in den Siebzigern, nach der Ermordung des sozialistischen
Präsidenten Allende aus Chile nach England geflohen, wird der ehemalige
Werbetexter in London zum typischen Aussteiger. Er lebt in besetzten
Häusern und gründet mit einem gewissen John "Woody" Mellor,
der später unter seinem neuen Namen Joe Strummer die Clash gründen
sollte, die Band 101ers. Alvaro fängt an Gedichte und Songs zu schreiben,
bringt sich autodidaktisch das Klavierspielen bei und beginnt mit
seiner nasalen, quäkenden Stimme an zu singen. "Drinkin my
own sperm" ist Alvaros, damals in der internationalen Undergroundszene
viel beachtete, in London für 700 Pfund aufgenommene Debüt-CD: ein
spannender Soundbastard aus Post-Punk und minimalistischer, schräger
südamerikanischer Folklore. Nach langer Zeit wiedergehört, haben
Stücke wie eben jener Song mit dem provokanten Titel oder "Latino
America" nichts von ihrer Kraft verloren. Wäre schön, wenn
Alvaro auch die späteren Platten auf CD herausbringen könnte. Vielleicht
findet sich ja ein interessiertes Label? |