Nr. 7 / November 1997

















Gästebuch


Coco Schumann

50 years in jazz

[Trikont/Indigo]

[tb] Wieder einmal betätigen sich die Trikontler als echte Musikarchäologen und graben dabei unbedingt hörenswertes aus. Die Doppel-CD mit Aufnahmen des legendären Swing-Gitarristen Heinz "Coco" Schumann könnte allerdings auch "60 years in jazz" heißen, ist der 1924 in Berlin geborene Musiker doch schon seit den 30er Jahren aktiv. Damals im Untergrund ("Swing tanzen verboten") in den Bars und Swingkellern aktiv, landete der Halbjude bei den "Ghettoswingers" im KZ Theresienstadt und überlebte als einer der wenigen das Vernichtungslager Auschwitz. Lange Jahre hat der Musiker nicht über diese Zeit geredet. Ein jüngst im ZDF zu sehender Dokumentarfilm mit dem Titel "La Paloma ade – Spiel ihnen das Lied vom Tod" sowie das Buch "Der Ghetto-Swinger. Eine Jazz-Legende erzählt" bringen Licht in das Dunkel. Nach dem Krieg ist Coco Schumann überigens der erste E-Gitarrist in Deutschland, einer kurzen Zeit in Australien folgen die Jahre als Jazz-Gitarrist in Berlin. Vorliegendes Doppelalbum bringt erstmals ein umfassendes musikalisches Porträt des Gitarristen. Wir hören eine bruchstückhafte Aufnahme aus Theresienstadt ("Bei mir bist du schön" aus dem NS-Propagandafilm "Der Führer schenkt den Juden eine Stadt"), dazu auch frühe deutsche Bebop-Versuche (zusammen mit dem Wundergeiger Helmut Zacharias) sowie Titel von seiner australischen Platte "Rhythm Cocktail" (1952) und Liveaufnahmen aus dem Berlin der Sechziger ("Ausgerechnet heute Abend"). Am besten gefällt mir als be-kennendem Exotica-aficionado und Martin-Denny-Fan natürlich "Exotique 1963", bei dem Schumann den da-mals angesagten Exotica-Stil von Denny, Baxter & Co. adaptiert und variiert hat. Immerhin hat Martin Denny himself den Schumann-Titel später gecovert. Jedenfalls ist "50 years in Jazz" ein unverzichtbares Zeit-Dokument und darüberhinaus eine schöne Sache. Wie immer bei Trikont ist das hier sehr liebevoll aufgemacht mit umfang-reichem Booklet.

Letzte Änderungen: 28.12.2001
Produziert von
Peter Pötsch