Nr. 8 / Juni 1998

















Gästebuch


bücher

Annette Kilzer/Stefan Rogall

Das filmische Universum von Joel u. Ethan Coen

[Schüren Presseverlag, 191 Seiten]]

Peter Körte/Georg Seesslen

Joel & Ethan Coen

[Dieter Bertz Verlag, 287 Seiten]

[mz] Da gibt es jahrelang kein deutschsprachiges Werk zu den Filmen der Coen Brüder und nun er-scheinen mehr oder weniger zeitgleich zwei Bü-cher. Eines im Bertz Verlag [Peter Körte/ Georg Seeßlen – Joel und Ethan Coen] und eines im Schüren Presseverlag.

Beide Bücher stellen die Filmographie, Essays zu den einzelnen Filmen ins Zentrum und warten mit einem Gespräch anläßlich des neusten Filmes „The Big Lebowski" auf. Grundlegend unterscheiden sich die beiden Bücher in ihrer Herangehensweise. Körte und Seeßlen gehen theoretischer vor, bieten neben der Auseinandersetzung mit den einzelnen Filmen und dem Gespräch eine theoretische Bestimmung des Oeuvres an („Spiel. Regel. Verletzung. Auf Spurensuche in Coen Country"). Ein bißchen populistischer, im Grund-ansatz etwas weniger tiefgehend, ist das Werk von Annette Kilzer und Stefan Rogall, die zwar auch theoretisches zu bieten haben („Reisen durch Raum und Zeit - Die Bildkompositionen der Coen-Brüder") ansonsten aber anekdotenhafter vorgehen. Unter der Überschrift „Klinische Leiden-schaft oder warum die Coen-Brüder mehr sind als verspielte Stilisten" versucht Rogall den Vorwurf der Künstlichkeit und Kälte, der immer wie-der im Zusammenhang mit den Filmen der Coen-Brüder auftaucht, zu entkräften. Er will stattdessen die Filme der Brüder als die Werke von zwei „lei-denschaftlichen Filmemachern" verstanden wis-sen, die sich schlicht und ergreifend der Senti-mentalität des amerikanischen Mainstream- Kinos verwehren. Deutlich weniger überzeugend ist Rogalls Versuch die vielfältigen Zitate und Genrequerverweise, die ein wesentliches Element des filmischen Universums der Coen-Brüder sind, lediglich als Beiwerk des narrativen Vorgangs zu verstehen. „The Big Lebowski" zum Beispiel, das jüngste Werk, entfaltet seinen Reiz eigentlich erst ausgehend von einem filmischen und kulturellen Hintergrundswissen. In diesem Sinne ist „The Big Lebowski" ein wahrlich postmoderner Film, der im Spiel der Referenzen zu sich selbst gelangt.

Die Frage welches der beiden Bücher denn nun zu empfehlen sei, muß jeder für sich selbst entscheiden: Wem nach einer theoretisch geprägteren Auslegung der Filme der Coen-Brüder verlangt, dem sei das Buch von Körte/Seeßlen wärmstens empfohlen, wer stattdessen filmtheoretisch weniger gebildet ist und schlicht eine umfassende Einführung in das Werk möchte, der ist mit Stefan Rogall und Annette Kilzer gut beraten.

MONOCHROM #8-10

[lind] Was lesen eigentlich Magazinmacher? Eigent-lich eine doofe Frage, die an das noch doofere Paradox vom Friseur im Alpendorf erinnert (alle Männer, die sich nicht selbst rasieren, gehen zum Friseur), wäre da nicht als breitester aller anzunehmenden Konsense, ‘monochrom’, aus Stockerau fast bei Wien, auszu-machen. Hey, dieses Zine schreibt I.R.O.N.I.E. wieder groß (groß scheint angesichts einer Quellekatalog-dicken dreifach-Nummer ohnehin das beherrschende Adjektiv, oder, wie es die Heraugeber nennen, ‘erbärm-lich fett’). ‘mono’ berichtet über Theorie, Tantren-Sex, Bewußtseinsmaschinen, Serienkiller und einiges mehr – you asked for it, people! Nur schade, daß dieses Teil, ‘gebenedeit unter den illustrierten’ so selten er-scheint, und an Unregelmäßigkeit der Erscheinungsweise sogar das vorliegende Organ um Längen über-trifft – derweil müssen wir uns halt mir SPEX, De:Bug, Wired, Wire und dem anderen Muff über Wasser halten. Zum Schluß noch mein liebster ‘mono’-Praxistip: ‘falls probleme mit dem gewicht dieses druckwerks auftauchen sollten, empfehlen wir die fertigung eines henkels, etwa aus salzteig’ bestellen! und zwar unter info@monochrom.at oder natürlich mit der Schnecken-post bei der ‘wunderbaren Allesaufeinmalzusammenadresse’:

Dr. Karl-Wallek-Str. 12, A-2000 Stockerau, Österreich.

Martin Heidegger

.. liest Hölderlins „Erde und Himmel"

Der Satz der Identität [Neske/Klett-Cotta]

[fs] Ein Meister aus Deutschland spricht wieder, und das nach knapp 40 Jahren. Dies längst vergriffenen Dokumente des eher schweigsamen (gegenüber P. Celan), dafür aber potenziert natürlichen („das Geviert") Heidegger, der seine Wurzeln zum Schwäbisch-Ländlichen nie ernsthaft in Frage stellte, hierher eher seine Kraft und Nahrung für die Tiefe seines Denkens bezog, widmet sich nun (nach-)denkend – hier liegt auch das philosophische Gewicht, die Frage nach dem Denken erneut zu stellen, Fragen und Denken auseinander abzuleiten, innigst aufeinander zu beziehen – einer naturalistischen Frage, die ihre Inkarnation in Friedrich Höl-derlin fand. „Laßt mich vor, ich kann das Schicksal ertragen", so das emphatische Credo Hölderlins. Solcher Enthusiasmus, die Geschicke der Erde und des Himmel so selbst in die Hand zu nehmen, trifft mit einer sachlich-analytischen Nüchterheit Heideggerscher Sprache, ständig auf der Suche nach der eigenen geschichtlichen Identität, zusammen, pro-voziert allein schon diese paradoxe Verbindung eine Faszina-tion, der man sich kaum entziehen kann. Auch „Der Satz der Identität", ein Nachdenken über die Stellung und Bedeutung der Technik in der modern-zivilisierten Welt, die auch seit diesem denkwürdigen Sommertag 1957 in den kühlen Ge-mäuern der Uni Freiburg kaum an Bedeutung eingebüßt hat, ist ein ausgefeiltes und überlegt vorgetragenes Stück Sprache, die sich, so O-Ton Heidegger, im Zuge der Auseinandersetzung „entbergen" muß; und dies stellt auf Anhieb zwar ein eher unverständlich-vages als nachvollziehbares Unternehmen dar, bis es sich dann in vieldiskutierter (der „braune" Meister) und eigentümlicher Weise, hier auf CD, selbst zu Wort meldet, das Denken sich selbst auf den Weg macht. Faszinierend und erhellend zugleich

Letzte Änderungen: 28.12.2001
Produziert von
Peter Pötsch