Friedrich Cerha
Spiegel u.a.
[col legno Musikproduktion]
[fs] Die Zahl Sieben erfuhr nicht allein durch
den gleichnamigen Film seine Renaissance; ob als sieben Todsünden,
als Öffnung des siebenten Siegels (Bergman) am geheimnisvollen Buch
Gottes, die den Beginn der Apokalypse erst mit Stille und dann mit
Posaunen verkündet, oder einfach ein Stück "aus den sieben
Tagen" (Stockhausen). Eher öffnet der Hörer wie einst Judith
auf Herzog Blaubarts Burg (Bartok) die sieben geheimnisvollen Türen,
die sich aber nicht unmittelbar wieder verschließen, sondern hinter
denen sich verschiedene bereits erblickte Motive wechselseitig spiegeln
und aufeinander verweisen. Jede Öffnung, jeder der Spiegel verweist
spielerisch auf andere, frühere oder spätere Ansichten, die als
in vorhergehenden Spiegelungen Angedeutetes oder Liegengebliebenes
später im Prozeß wieder aufgenommen werden und sich im siebenten
Spiegel als dem eigentlichen Höhepunkt dramatisch zu einem Netzwerk
aus Reminiszenzen verdichten und dem Werk letztlich seine Form geben.
Nebenbei bemerkt, ähnlich muß wohl auch dem Gespann Steed/Peel in
"Too many christmas trees" zumute gewesen sein, als sie
sich dort auf der Suche nach dem Weihnachtsmann im einem Spiegelsaal
wiederfanden, dessen Reflektionen auch nur mit Mühe eindeutig lokalisierbar
waren; dies zeigt aber auch, daß dies Unterfangen, auch wenn dies
im Wesen des (Krimi-) Genres liegen mag, nicht aussichtlos ist.
Jedenfalls ein beeindruckendes Verwirrspiel, das hier aus gutem
Grund 2/3 dieses 2CD-Live-Komponistenportraits einnimmt und zweifellos
lohnt. |