Nr. 8 / Juni 1998

















Gästebuch


Walker/Czukay: Clash

[sideburn]

Techno Animal: vs. Reality

[City Slang]

[lind] Männermucke mit Muskeln, aber nicht die schlechteste. Da hatte ich gerade noch mit dem Kollegen Hablizel über die Männerkultur des Reggae und die kompetitive Struktur von soundclashs diskutiert, und dann das; natürlich geht es hier nicht um jamaikanischen Off-Beat-Sound im eigentlichen Sinne, aber um dessen Fortsetzung im Strukturellen: Dr. Walker aka Ingmar Koch ist auch so ein Typ, der Verletzlichkeit hinter seinem aggresivem Habitus versteckt; das tolle Cover-Foto, bei dem Walker den irgendwie zerbrechlich wirkenden Holger Czukay mit einem Schlag seiner Totenkopfring bewehrten Faust ans Kinn trifft, ironisiert dies auf intelligente Weise - Konfrontationen sind das Elixir, die Walkers Musik nachwievor zum spannendsten macht, was es auf der aktuellen Elektronikszene zu hören gibt (schon auch der ersten Air Liquide Single fand sich der Titel „The Clash of Cultures"). Überhaupt, was für ein dream team; habt Ihr Euch die Namen auf der Zunge zergehen lassen?? Philip Anz hat in seiner Renzension in SPEX darauf verwiesen, das diese ungewöhnliche Kombination wiederum dazu angetan ist, die ungebrochene Kontinuität elektronischer Musik aus Köln zu dokumentieren - von Stockhausen zu Mike Ink, gewissermaßen, mit dem Stockhausen-Schüler und späterem Can-Mastermind Czukay als missing link. Die improvisierten Sets der beiden, in Köln und San Francisco aufgenommen, die sich zunehmend verzahnen, versponnen wirken und Brüche aufwerfen, sind auf zwei Cds dokumentiert sicher eine der schönsten Live-Platten der letzten Jahre. Der Mann hinter Techno Animal ist Kevin Martin: Agressiver finsterer Krachmacher als Chef der radikalen Noisetruppe „God" (was für eine Anmassung!), Zusammensteller der legendären „Macro Dub Infection" Kollektionen und „The Bug" im team mit DJ Vadim. „vs. reality", das neue Album seines Dous Techno Animal zitiert die soundclash-Erfahrung schon im Titel und sprengt auf verblüffende Weise das Prinzip der Remix-Platte, die ja inzwischen bei jeder besseren Rockband zu finden ist. Mit einer paar der üblichen Verdächtigen (auch hier wieder Kumpel Skiz als „spectre", Porter Ricks, Tortoise) spielte man DAT-ping pong, schickte Ideen und Schnipsel hin und her, bis schließlich ein Stück sowohl in der Version von Techno Animal als auch des Remixers vorlag (als „original" und „version", um mal im Reggae-Jargon zu bleiben). Funktioniert toll, z.B. wenn die Chicagoer Postrocker Ui ein Kontrabass-Riff auf einen Drum&Bass artigen Shuffle montieren; „Tanzen mag dazu ohnhin mehr kein Schwein", bemerken die netten Leute von City Slang zurecht.

Letzte Änderungen: 28.12.2001
Produziert von
Peter Pötsch