Nr. 9 / Dezember 1998

















Gästebuch


Neues aus der Schweiz

ohrewrm.gif (23441 Byte)Lo-Fi-Elektronik, Dub-Reggae und Drum & Bass, dazu Fernsehzitate aus "Winnetou", "Star Trek" oder "Aktenzeichen XY" - munter schnipselt das Duo Bio Bonsaï seine Sounds auf dem Album "Canale Grande" [Plattenmeister/Indigo] zusammen. Durchaus ge-lungen und amüsant, was "die unehelichen Kinder der Village People", so das Presseinfo, hier anrichten. Wie die ebenfalls sehr nette Maxi-Single "Arche Nova" [Tudor] zeigt, ist Easy Listening nun auch bei der Band Jolly & The Flytrap angekommen, wobei sich das Titelstück als sehr hübscher kleiner Popsong entpuppt, irgendwo zwischen Element Of Crime und den Jellyfish Kiss. "Cha cha cha" schwingt dagegen die Cocktail-Peitsche.
Regelrechte Bestseller waren die ersten beiden Ausgaben der "Ohre-würm" (für deutsche LeserInnen: "Ohrwürmer"), Compilations mit Kinderliedern, eingespielt von Schweizer Rock- und Popbands, "kleine musikalische Perlen für kleine musikalische Menschen". Wobei die Songs, das zeigt auch Volume 3 [Tudor], auch was für große Menschen sind. Mit dabei sind Boni Koller (Ex-Baby-Jail) und seine "Schtärneföifi", die Rockstars Sina und Vera Kaa, die wunderbaren Les Reines Prochaines und auch Andrea Caprez, Kopf der Jellyfish Kiss und nebenbei begnadeter Comiczeichner, der auch das feine Booklet gestaltet hat.

nudes.gif (8228 Byte)Auch das Booklet des neuen Albums der Schweizerisch-amerikanischen Pale Nudes wurde von einer Comic-Zeichnerin gestaltet. Die Schwei-zerin Anna Sommer hat "Soul Come Home" [Make Up/RecRec/EfA] veredelt. Skandalöserweise sind die schrägen Popsongs von Amy Denio und ihrer Band immer noch nicht richtig bekannt und muß die sehr gute Livegruppe vor kleinem Publikum spielen. Das könnte sich mit dem neuen Album ändern, wo sich Amy & Co. nicht nur bei der feinen Single "Shine" als sehr poppig zeigen.

Auf einen richtig guten Zu-schauerschnitt sind die Schaffhauser Aeronauten bei ihrer jüngsten Deutschland-Tour gekommen. Wobei das schon vor einigen Wochen erschienene, neue Album "Honolulu" [L`Age D`Or/RTD] aufs erste Ohr weit weniger zugänglich ist, als noch das Meisterwerk "Jetzt Musik!". Etwas melancholischer und weniger spritzig als der Vorgänger ge-winnen die Songs jedoch mit jedem Hören dazu.

bonsai.gif (16887 Byte)Auch ein wenig untergegangen sind die vor einigen Jahren noch in den Himmel gelobten Neutöner der Berner Alboth! Nach dem Ausstieg von Peter Kraut und Christian Pauli haben sich Drummer Michael Werthmüller und Sänger Daniel Lieder nun mit dem Berliner Gitarristen Tito und allerhand Elektronik zum neuen Trio zusammengetan. Wobei man, dies hat der starke Auftritt im Konstanzer K 9 gezeigt, an die alte Klasse anknüpft. Mit Ambient und Post-Rock, Death Metal und Free-Jazz. Das schon vor einigen Monaten erschienene Album "Amor Fati" [Cargo Records] wurde allerdings noch in der alten Besetzung eingespielt.

Kobra heißt ein neues Lausanner Label, das sich um die vielen HipHop-acts der Region kümmert. Wer sich in der Szene auskennt weiß, daß Lausanne respektive die französiche Schweiz über eine sehr rege HipHop-Szene verfügt; hierzulande am bekanntesten sind sicherlich die Sens Unik. Kobra wurde von jungen Aktivisten vor eineinhalb Jahren gegründet, wobei auf der schönen ersten Compilation "Le Bout Du Tunnel" [Kobra/RecRec] neben den einheimischen Kräften Mike (einst bei den Silent Majority), BPM und Nostra auch Gäste aus Paris und Marseille mit dabei sind. So helfen die Rapper Def Bond und Pit Baccardi auch Mike bei seiner smoothen Solo-Single "De Gré ou de Force" [Kobra/RecRec].

Lange war nichts mehr von den Genfer Gitarrenrockern Maniacs zu hören, einer Band, die neben den befreundeten Needles vor etwas mehr als zehn Jahren in der Schweizer Szene schwer angesagt war. Umso erfreulicher, daß mir wieder einmal ein Lebenszeichen der umtriebigen Genfer ins Haus geflattert ist. Der Blick auf den Absender, Barraka el farnatshi, erstaunt dann allerdings schon: Denn daß der einzige verbliebene Ur-Maniac, Sänger und Gitarrist Alan Croubalian, nun beim Basler Ethno-Label veröffentlicht, überrascht mich schon. Angenehm allerdings. Denn die Coproduktion der Genfer Rockband mit der ägyptischen Band Sharkiat, deren Kopf Fathy Salama, die Songs gemeinsam mit Croubalian ausgeheckt hat, kommt auf "Don`t climb the pyramids" [Barbarity/RecRec/EfA] zu sehr erfreulichen Ergebnissen: Rock, der mal arabisch klingt oder arabische Musik, die mal westlich klingt.

In Basel sitzt auch das kleine Lux-Noise-Label, das mit den Aarauer Hellmute eine Combo ins Feld schickt, die auf "Martha" [Lux Noise/COD] analog den schwedischen Hellacopters derben Garagenrock pflegt. Nicht mein Style. Besser gefällt mir das Zürcher Duo Membran, das auf seinem Debüt-album irgendwo zwischen Big Beat und Soundtrack-Musik liegt.

Letzte Änderungen: 24.08.2006
Produziert von
Peter Pötsch