Neues aus der
Schweiz
Lo-Fi-Elektronik,
Dub-Reggae und Drum & Bass, dazu Fernsehzitate aus "Winnetou",
"Star Trek" oder "Aktenzeichen XY" - munter
schnipselt das Duo Bio Bonsaï seine Sounds auf dem Album "Canale
Grande" [Plattenmeister/Indigo] zusammen. Durchaus ge-lungen
und amüsant, was "die unehelichen Kinder der Village People",
so das Presseinfo, hier anrichten. Wie die ebenfalls sehr nette
Maxi-Single "Arche Nova" [Tudor] zeigt, ist Easy Listening
nun auch bei der Band Jolly & The Flytrap angekommen, wobei
sich das Titelstück als sehr hübscher kleiner Popsong entpuppt,
irgendwo zwischen Element Of Crime und den Jellyfish Kiss. "Cha
cha cha" schwingt dagegen die Cocktail-Peitsche.
Regelrechte Bestseller waren die ersten beiden Ausgaben der "Ohre-würm"
(für deutsche LeserInnen: "Ohrwürmer"), Compilations mit
Kinderliedern, eingespielt von Schweizer Rock- und Popbands, "kleine
musikalische Perlen für kleine musikalische Menschen". Wobei
die Songs, das zeigt auch Volume 3 [Tudor], auch was für große Menschen
sind. Mit dabei sind Boni Koller (Ex-Baby-Jail) und seine "Schtärneföifi",
die Rockstars Sina und Vera Kaa, die wunderbaren Les Reines Prochaines
und auch Andrea Caprez, Kopf der Jellyfish Kiss und nebenbei begnadeter
Comiczeichner, der auch das feine Booklet gestaltet hat.
Auch
das Booklet des neuen Albums der Schweizerisch-amerikanischen Pale
Nudes wurde von einer Comic-Zeichnerin gestaltet. Die Schwei-zerin
Anna Sommer hat "Soul Come Home" [Make Up/RecRec/EfA]
veredelt. Skandalöserweise sind die schrägen Popsongs von Amy Denio
und ihrer Band immer noch nicht richtig bekannt und muß die sehr
gute Livegruppe vor kleinem Publikum spielen. Das könnte sich mit
dem neuen Album ändern, wo sich Amy & Co. nicht nur bei der
feinen Single "Shine" als sehr poppig zeigen.
Auf einen richtig
guten Zu-schauerschnitt sind die Schaffhauser Aeronauten bei ihrer
jüngsten Deutschland-Tour gekommen. Wobei das schon vor einigen
Wochen erschienene, neue Album "Honolulu" [L`Age D`Or/RTD]
aufs erste Ohr weit weniger zugänglich ist, als noch das Meisterwerk
"Jetzt Musik!". Etwas melancholischer und weniger spritzig
als der Vorgänger ge-winnen die Songs jedoch mit jedem Hören dazu.
Auch
ein wenig untergegangen sind die vor einigen Jahren noch in den
Himmel gelobten Neutöner der Berner Alboth! Nach dem Ausstieg von
Peter Kraut und Christian Pauli haben sich Drummer Michael Werthmüller
und Sänger Daniel Lieder nun mit dem Berliner Gitarristen Tito und
allerhand Elektronik zum neuen Trio zusammengetan. Wobei man, dies
hat der starke Auftritt im Konstanzer K 9 gezeigt, an die alte Klasse
anknüpft. Mit Ambient und Post-Rock, Death Metal und Free-Jazz.
Das schon vor einigen Monaten erschienene Album "Amor Fati"
[Cargo Records] wurde allerdings noch in der alten Besetzung eingespielt.
Kobra heißt
ein neues Lausanner Label, das sich um die vielen HipHop-acts der
Region kümmert. Wer sich in der Szene auskennt weiß, daß Lausanne
respektive die französiche Schweiz über eine sehr rege HipHop-Szene
verfügt; hierzulande am bekanntesten sind sicherlich die Sens Unik.
Kobra wurde von jungen Aktivisten vor eineinhalb Jahren gegründet,
wobei auf der schönen ersten Compilation "Le Bout Du Tunnel"
[Kobra/RecRec] neben den einheimischen Kräften Mike (einst bei den
Silent Majority), BPM und Nostra auch Gäste aus Paris und Marseille
mit dabei sind. So helfen die Rapper Def Bond und Pit Baccardi auch
Mike bei seiner smoothen Solo-Single "De Gré ou de Force"
[Kobra/RecRec].
Lange war nichts
mehr von den Genfer Gitarrenrockern Maniacs zu hören, einer Band,
die neben den befreundeten Needles vor etwas mehr als zehn Jahren
in der Schweizer Szene schwer angesagt war. Umso erfreulicher, daß
mir wieder einmal ein Lebenszeichen der umtriebigen Genfer ins Haus
geflattert ist. Der Blick auf den Absender, Barraka el farnatshi,
erstaunt dann allerdings schon: Denn daß der einzige verbliebene
Ur-Maniac, Sänger und Gitarrist Alan Croubalian, nun beim Basler
Ethno-Label veröffentlicht, überrascht mich schon. Angenehm allerdings.
Denn die Coproduktion der Genfer Rockband mit der ägyptischen Band
Sharkiat, deren Kopf Fathy Salama, die Songs gemeinsam mit Croubalian
ausgeheckt hat, kommt auf "Don`t climb the pyramids" [Barbarity/RecRec/EfA]
zu sehr erfreulichen Ergebnissen: Rock, der mal arabisch klingt
oder arabische Musik, die mal westlich klingt.
In Basel sitzt
auch das kleine Lux-Noise-Label, das mit den Aarauer Hellmute eine
Combo ins Feld schickt, die auf "Martha" [Lux Noise/COD]
analog den schwedischen Hellacopters derben Garagenrock pflegt.
Nicht mein Style. Besser gefällt mir das Zürcher Duo Membran, das
auf seinem Debüt-album irgendwo zwischen Big Beat und Soundtrack-Musik
liegt. |