[mz] "The place is glacial" [Touch and Go/EFA] heißt
das jüngste Album der US-Amerikaner Seam. Es ist das erste musikalische
Lebenszeichen seit knapp drei Jahren, seit "Are you driving
me crazy?" um genau zu sein. Musikalisch hat sich wenig verändert:
Schwebende Feedbackgitarren, Noiseausbrüche und der dezent in den
Hintergrund ge-mischte Gesang prägen das musikalische Geflecht von
Chris Manfrin, Sooyoung Park & Co. Anspieltips: "Kanawha",
"Nisei Fight Song".
[tb] Es war ein Mords-Spaß, die guten 22-Pistepirkko nach so vielen
Jahren endlich wieder einmal, im Münchner Backstage, live
zu sehen. Immerhin hatte ich, ge-meinsam mit einer Handvoll anderer
Glücklicher (hallo EfA-Suzie!) das Glück, die drei seltsamen Finnen
bei ihrem legendären (jawohl!), allerersten Deutschland-Konzert
anno 1989 auf der Berliner Messe BID zu sehen und später in Konstanz
gar selber zu veranstalten. Nun, eigentlich haben sich die Brüder
Asko und PK und ihr Freund Espe nicht groß verändert, sieht man
mal vom vermehrten Einsatz von Elektronik ab, der die seltsamen
Songs der Marienkäferchen mit den 22 Punkten (so, wenn ich mich
recht erinnere, die öbersetzung des Namens, oder hieß es "22
Marienkäferchen"?) naja, modernisiert. Auf jeden Fall ist "Eleven"
(Clearspot/EfA] wieder ein feines Album geworden. Das schöbe Cover
mit den Tigern haben übrigens unsere beiden Freunde Timo und Vilunki
von Larry & The Lefthanded gestaltet.
[lind] "The State Of Emotion, Vol. 6" [EfA] ist ein lässiges
Teil, das zu benutzerfreundlichem Preis, die vorbildliche Arbeit
des EfA-Dance-Elektronik-Departments dokumentiert. Eine Doppel-CD
gespickt mit Kostbarkeiten der vertriebenen Labels von Sub Rosa
bis WordSound, von Mille Plateaux zu Rephlex. Need we say more?
[tb]
Wie die Tindersticks und Nick Cave haben sich auch die amerikanischen
Geat Crusades dem bedeutungsschwangeren, pathetisch aufgeladenen
Pop verschrieben. In besseren Momenten klingt "The first spilled
drink of the evening" ( Trocadero/East West) wie das Album
vierer Cave-Zöglinge (z.B. beim opener "When the stars have
run out the souls"), auf der anderen Seite greifen die Vier
dann auch schon mal in die Kiste Schweinerock & Co. wie beim
Song "The Great Crusade", wo dann auch schon mal ein besonders
abgegriffenes Gitarrenriff kreisen darf. Durchwachsene Platte also.
[tb] Wie die bekannteren Label-Kollegen Stereophonics kommen auch
die Crocketts aus Wales, die auf ihrem De-büt "We May Be Skinny
& Wirey" eine seltsame Melange aus Punk, Folk, (ja so was
wie) Country und Lärm-Pop an-rühren. Die Clash und Pogues kommen
einem ebenso in den Sinn wie die Levellers und die frühen New Model
Army, wobei das Ganze dann doch wesentlich stilisher daherkommt
als bei den letztgenannten. Höre das sehr schöne "Explain"
oder das explosive "Will you still care", das schon auf
ihrer ersten EP "Hello and good morning" zu finden war.
[lind]
Auch unser Ravensburger Kumpel Mellokat hat zum Erstschlag ausgeholt:
Unter dem doppelt ansprechenden Namen sub.version records veröffentlicht
er die besten Tracks seines Bruders Cornelius Klaus, hier also Basslab
Productions. "Midnight x.press" bringt experimentellen
Drum & Bass, dubbige Effekte, dumpfe Bässe. Massive! Schreibt
an: suversionrec@hotmail.com. [tb] Latin, Soul, Funk, ein wenig
Drum & Bass und viel Pop - "Distant Dreams" heißt
das Debütalbum der 27jährigen Karen Ramirez, mit dem die schwarze
Britin mich voll ins Herz trifft. Bei manchen Stücken wie der ersten
Single "Troubled Girl" oder ihrem Hit "Looking For
Love" klingt die sympathische Sängerin wie Sade oder wie Nicolette,
was für die wandlungsfähige Stimme spricht. Ansonsten sind ihre
Songs absolut eigenständig, auch wenn gerade die Covversion von
Everything but The Girl (Looking for love) ein Hit ist. Auch live
überzeugt Karen Ramirez, trotz schlechter Abmischung im Vorprogramm
der Lighthouse Family im Münchner Circus Krone. Nächstes Frühjahr
ist eine Clubtour geplant!
[tb] Ziemlich seltsam, was Max Goldt gemeinsam mit Stephan Winkler
unter dem Projektnamen Nuuk (= Hauptstadt von Grönland) musikalisch
anstellt. "Nachts in schwarzer Seilbahn nach Waldpotsdam"
[Traumton/Indigo] heißt diese erste Zusammenarbeit der Beiden,
die mich als alten Goldt-Fan etwas ratlos zurückläßt. Nichts gegen
Schwermut in der Musik, aber das kommt mir, im Gegensatz zu den
alten Foyer-des-Artes-Werken allzu dü-ster daher und klingt über
weite Strecken überambitioniert. [tb] So ganz nachvollziehen kann
ich den Hype um die Würzburger Band Miles zwar nicht, nett ist deren
neues Album "The Day I Vanished" [V2/RTD] aber schon.
Hübscher, von den Beatles und jüngeren Brit-Bands beeinflußter Whimp-Pop
mit einem sanften Sänger, der sicherlich so manches Mädchen-Herz
zu brechen in der Lage ist. Bei I`m an astronaut" müßten doch
eigentlich ganze Sturzbäche von Mädchentränen die Clubs der Republik
füllen, oder?. Und eigentlich klingt das ganze auch ziemlich erfolgversprechend.
[mz] Compilations sind ja meistens so eine leidige Sache, bestehen
zu 80 Prozent aus bekannten, wild zusammengewürfelten Stücken und
ein, zwei unveröffentlichten Raritäten, wegen denen man den Schmarrn
dann kauft. Was sollte also an Tindersticks "Donkeys 92-97"
[Mercury] anders sein. Nun, zunächst einmal relativ wenig: Natürlich
gibt es auch hier die ein, zwei Raritäten (u.a. ein Duett mit Isabella
Rosselini!) und natürlich wird auch hier mehr oder weniger chronologisch
der Bogen von den Anfängen ("Marbles") in die Gegenwart
("Bathtime") geschlagen. Andererseits wirkt "Donkeys"
keineswegs wie eine reine Compilation, eher wie ein geschlossenes
Album, was vielleicht auch daran liegt, daß man auf vieles verzichtet
hat, was durchaus auch noch auf diesem Al-bum vertreten hätte sein
können (man denke nur an die Townes Van Zandt Coverversion "Kathleen").
"Donkeys" läßt die verflossenen Asphalt Ribbons in einer
rauheren Version von "Patchwork" noch einmal auferstehen
und bringt mit "No more affairs", das vielleicht herzerweichenste
und schönste Stück der Tindersticks überhaupt, auf französisch noch
einmal ins Gedächtnis zurück. Lediglich auf "Travelling light"
mit der unsäglichen Carla Torgerson (von den Walkabouts) hätte man
verzichten können, aber vielleicht ist das ja auch zuviel verlangt.
[tb] Eher enttäuschend finde ich das Remix-Album "Lollo Rosso"
[V 2/RTD] der High Llamas, auf dem Llama-Kopf Sean O`Hagan befreundete
Musiker an das Material der Briten herangelassen hat. Trotz eindrucksvollem
Line-Up von Mouse On Mars und Schneider TM über den japanischen
Elektro-Weirdo Cornelius, die Briten Stockhausen & Walkman und
den Experimental-Gott Jim O`Rourke bis hin zum Franzosen Kid Loco
reicht. Fans müssen das Album natürlich trotzdem haben.
[tb] Schwer und mächtig rocken die Gitarren und eine Stimme erzählt
uns was von der Pubertät ("Pubertäterä") oder röchelt:
"Bitte halt mich fest, denn ich bin...(Pause) ...dermaßen voll".
Naja, ganz so schlimm ist es ja nicht, was Pendikel auf ihrem Album
"Phantasievoll (aber un-praktisch)" [bluNoise/EfA] anrichten.
Doch wer braucht die Mischung aus rockendem Kreuzüber, Deutschrock
und unverstandenem Diskurs-Rock? Zwei der vier Musiker sitzen übrigens
in der Redaktion des Umsonst-Musikblattes INTRO. Ähem?! - LEESON
wird seine LeserInnen verschonen, selber Musik zu machen. Versprochen?
Naja, ausgenommen unsere Glamour-Twins Hablizel und Linder, die
trotz ihrer Aktivitäten als Rapper respektive Saxofonist, die Musikwelt
mit CDs verschont haben. Bislang jedenfalls.....
[tb] Die Stimme erinnert frappant an Tom Waits, ansonsten hört
man dem Songwriter Jon Dee Graham auf "Escape From Monster
Island" [GlitterhouseTIS/eastwest] schon seine texanische Herkunft
an. Der Mann aus Austin hält`s mit countrygetränkten Rockballaden
und eleganten midtempo Songs. Spezialisten werden den Namen vermutlich
kennen, war Graham doch einst mit seiner eigenen Band, den True
Believers unterwegs. Feines, klassisches Austin-Album!
[mz] Portishead live, kann das funktionieren? Ja! "PNYC"
[Motor], Portisheads Live-Mitschnitt eines Konzertes im Roseland
Ballroom in New York City im Juli 97 ist das bessere zweite Album,
was nicht nur daran liegt, daß knapp die Hälfte der Stücke vom ersten
Album stammen. "PNYC" hat Soul, hat Leben und zwar wesentlich
mehr als das doch relativ steril geratene zweite Portishead-Werk.
Gibbons, Barrow & Co vereinen auf "PNYC" das beste
was sie zu bieten haben: Orchestrale Soundtrack-Versatzstücke, Music-hall-Einflüsse
und Soul mit einer aus dem Jahre 1994 kolportierten Vorstellung
von Beats.
[mz] Während Sarah Peacock, Daren Seymour und Justin Fletcher mit
Seefeel (im Verbund mit Mark Clifford) einer unglaublichen, spannungsgeladenen,
elektronischen Ambient-Trip-Out-Musik nachjagen ist Scala gleichsam
die popmusikalische Ausformulierung der drei Soundtüftler. Eine
Art Laika meets Massive Attack mit üppigen Streicherarrangements
und Gitarrenschleifen. Auf "To you in Alpha" [Too Pure/RTD],
dem lang ersehnten Too-Pure-Debütwerk, bewegen sie sich dann auch
in diesem musikalischen Fahrwasser, türmen Gitarrenschleifen zu
wuchtigen Soundwällen, vermischen fette Beats mit Sarah Peacocks
engelsgleichem Gesang. Mitunter hätte man in Anbetracht der gewaltige
Debütsingle "VDT" zwar ein paar Wagnisse mehr gewünscht,
nichtsdestotrotz schrauben sich die repetitiven Too-Pureschen Rhythmusexzesse
hartnäckig in die Gehörgänge.
[tb] Für einmal hat auch das Alte-Tanten-und-angehende Deutschlehrer-Blatt
"Die Zeit" recht, bezeichnet man die Steve Westfield Slow
Band, doch nicht ganz untreffend als "vielleicht einzige Alternative-Artrock-Band
der Welt". Mit einer haarsträubenden Instrumentierung, inklusive
Tuba, Posaune, Lap-Steel-Guitar und Vibraphon entführt uns der 33jährige
Bostoner Musiker auf "Stuporstar" [Glitterhouse/TIS/eastwest]
in seine sehr bizarre Klangwelt. Die kann mal an die Slow-Country-Stücke
der Palace oder den Simon-And-Garfunkel-Meets-Felt-Pop der schottischen
Belle & Sebastian (klasse Konzert auf der Münchner Praterinsel!)
erinnern oder auch mal krautrockiger, in-klusive endloser Gitarrensoli
daherkommen. Wenn es dann auch noch jazzy wird, dann ist die Verwirrung
komplett. Zudem ist das ganz lustig: "The TV is my shepherd...".
[tb]
"First Love, Last Rites" [epic/Sony] ist nicht das neue,
reguläre Album der Shudder To Think sondern der Sound-track zum
gleichnamigen Film, bei dem das Washingtoner Trio von einer stattlichen
Anzahl bekannter Kollegen als GastsängerInnen begleitet wird. Liz
Phair und Nina Persson (von den Cardigans) sind ebenso mit von der
Partie wie der verstorbene Jeff Buckley, Billy "Smashing Pumpkin"
Corgan oder Matt "The The" Johnson. Weniger heftig als
bei Shudder üblich gibt`s hier klassische Rocksongs mit Country-
und Folkeinflüssen. Wunderschön!
[tb] Früher machte Malka Spigel mit ihrer alten Band, den belgisch-israelischen
Minimal Compact dunklen Post-Wave (sehr empfehlenswertes Album von
1984: "Deadly Weapons"). Inzwischen hat Frau Spigel zusammen
mit ihrem Ehemann Colin Newman (der einstige Kopf der grandiosen
englischen Wire) das innovative Swim-Label gegründet, das im weitesten
Sinne auch mit elektronischer Musik hantiert. "My Pet Fish"
(Swim/EfA] heißt die jüngste Soloplatte von Malka Spigel, auf der
sie durchaus an ihre Zeit bei Minimal Compact anknüpft, 80s Pop
mit moderneren Klängen mischt und so ein ziemlich schönes Album
vorlegt.
[fs]
Wer meint, der klassische Industrial habe mit SPK oder Whitehouse
das Zeitliche gesegnet und sei fließend-lautlos in den Techno übergegangen,
der irrt gewaltig. "Technological Shack Job" [Funtional
Org/Tesco] von ConDemek erinnert mit seinen hypnotischen Beats eindrücklich
an die Phase von SPK, bevor das Kollektiv sich aufs poppige Terrain
wagte. Scheiben wie "Information Overload Unit" und "Leichenschrei"
sind bei den sechs Parts von "Christian Phonesex", die
die CD immer wieder durchkreuzen, ebenso präsent wie bei "Full"
oder "Maxball". Zudem glänzt auch Lee Ranaldo (Sonic Youth)
bei "Strategies Against Communication" mit einem ausgezeichneten
Gastauftritt, der den retardieren Rhythmus mehr als bereichert:
US-Industrial in Reinkultur.
[tb] "Zur Hölle Mama" [Trikont/Indigo] heißt die dritte
Folge mit "Perlen deutschsprachiger Musik", die der bayrische
Literat Franz Dobler zusammengestellt hat. Ein sehr durchwachsener
Sampler, der neben gutem, allerdings auch längst bekanntem Stoff
von Fink, Knarff Rellöm, Isar 12 oder den Kinderzimmer Produtions
auch viel mittelmäßiges und völlig unnötiges Zeug bringt wie das
Hörspiel von Halb, die drögen Herbst In Peking oder die überschätzten
Freundeskreis. Der schwächste Sampler so far!
[tb]
Brit-Pop, die Sixties! Mit eine der richtig legendären Combos der
Vor-Beatles-Zeit waren die Tornados, grandiose Soundeskapisten und
Instrumentalinnovatoren, ne-ben denen die gerühmten Shadows die
reinsten Waisenknaben waren. Unter dem Titel "Telstar: The
Complete Tornadoes" [Shack/Edel] gibt`s nun erstmals auf 2
CDs alle 65 Stücke der Band, darunter ihr Riesenhit "Telstar"
aber auch B-Seiten, outtakes und das bisher unveröffentlichte "Red
Rocket".
[tb] Spielkreis Berlintokyo ist das Label der Galerie Berlin-tokyo,
einem Kunst-Kultur-Projekt am Hackeschen Markt. Nach einem ersten
Sampler und einem schön aufgemach-ten Heft gibt`s jetzt "Spielkreis
03" [Bungalow/EfA], den Sampler, auf dem amüsante Pop-Terroristen,
Lo-Fi-Gladiatoren und Elektro-Teufelchen wie das Jeans Team, die
Looney Tunes, Fusions, Rope, der Lo-Fi Generator oder Stereo Total
versammelt sind. Eine hübsche Compilation. Infos zum Spielkreis:
Tel. 030 - 4489435.
[tb] Franzosen-House rules! Daft Punk und Superdiscount lenkten
im vergangenen Jahr die Blicke Richtung Seine. Dort lebt auch Gilb-R
alias Gilbert Cohen alias "Cheek", gefragter Remixer,
House- und Drum-And-Bass-Produzent, Gründer sowie Chef von Versatile
Records, dem Label, das I-Cube herausgebracht hat. Vorliegender
Sampler (Elektro Motor) stellt die bisherigen Produktionen des 1996
gegründeten Labels vor: astreiner Franzosen-House mit Disco-, Elektro-
und Drum-And-Bass-Exkursionen. Neben I-Cube und dem Chef persönlich
gibt`s acts wie Mike 303, Pepe Bradock oder Delit-K zu entdecken.
[fs] Die Hommage an den Maler Kurt Kocherscheidt, dessen abstrakten
Werken Wolfgang Rihm seine Inspirationen für "Kolchis"
(1992) und "Dritte Musik" (1993) verdankt, stellt schwarze,
schöne Melodielandschaften her, die eigentlich nichts anderes beschreiben,
als sich selbst und die ihre Energie aus dem steten Wandel von einem
Intensitätszentrum zum anderen schöpfen. Bewegung und Ruhe, Klang
und Verklingen - "Antlitz" und "von weit" (beide
1993) - das ist das zarte Gewebe: ein Gepräch zwischen Kosmos und
Erde oder Luft und Atem, das mit Leichtigkeit schwebend, trotzdem
nie seinen gründenden Selbststand verliert: Ein eindrucksvolles
Werk. : "Imaage-Echo, Bilder-Echo" [Schott-Wergo].
[tb] Lieben Sie auch 10-inches? Ein schönes Exemplar dieses Schallplattenformats
zwischen Singles und LPs (für die jüngeren unter den LeserInnen:
Schallplatten sind die runden, schwarzen Dingern mit dem Loch in
der Mitte!) hat das herzige Trio SteffiHamburg gerade veröffentlicht.
Auf "The Fantastic World Of Fishing" [Uli Klammt, Am Brunnenhof
30, 22767 Hamburg, Tel. 040-43252185] spielen Kerstin, Christiane
und Uli erfrischenden, schrammelnden POP in großen Buchstaben. Schön.
Die würde ich, wenn ich könnte, mit den Würzburger Miles zusammen
auf Tour schicken.
[tb] "Turbo Beats" [Cup Of Tea/Connected] heißt die Com-pilation
von Scott Henry, seines Zeichens DJ der Purple Penguin, der hier
ziemlich klasse Breakbeats, HipHop und Instrumental HipHop von seinen
Labelmates bei Cup Of Tea Records und dem neuen HipHop-Label Uppercut
mischt. Smoothe Beats und cooles Gescratche, aufge-nommen bei einer
Clubnacht im Blue Mountanin in Bristol.
[tb] Donna Neda und Donna Maya sind Die Patinnen, ein DJane-Duo,
das anscheinend, so das Pressinfo, seit einigen Jahren die Hamburger
mit furiosen DJ-Sets beglückt. Was die Ladies mit ihren zur CD geronnenen
"Murder Beats, Vol. 1" [Disko Grönland/Indigo] beweisen
wollen. öbrigens kein DJ-Mix-Album sondern eigene Sounds/ Songs,
die mit den Vokabeln "Freestyle/Soundtrack" ganz gut beschrieben
sind: Filmmusikartiges, Drum & Bass, brechende Beats und mörderische
Rhythmusschleifen. Wobei dann auch schon mal (habe ich richtig gehört?)
die Hamburger Slow-Country-Band Fink, gesampelt wird? Gute Platte!
[tb] "Blech" [Clearspot/EfA] heißt das Debütalbum der
Hamburger Band plexiq, die elektronische Musik im Band-format produziert.
Was sich schlimm anhört (von wegen "handgespieltem Drum &
Bass" oder so) klingt gar nicht so unspannend. Breakbeats und
Drum & Bass, ein wenig House und poppige Electronica, manchmal
ein bisserl Indie-Rock-Gitarren. Angenehmes Album.
[tb] Mit Add N To X und Scott 4 hat das englische Label Satellite
Records leider schon früh seine besten Kräfte an die Majors respektive
an größere Indies verloren. Ob die englisch-deutschen Karamasov
mit "On Arival" und der Brite Yossarian mit "Elegant
Time" [beide: Satellite/Indigo] in die Lücke stoßen können,
wage ich zu bezweifeln. Erstere versuchen sich am Post- und Kraut-Rock,
während Tim London aka Yossarian post-psycehdelische Sounds-Spielchen
betreibt, was zugegeben nicht ganz unhübsch ist. Mr. London sollte
sich vielleicht mit Herrn Julian Cope zusammen tun zum gemeinsamen
Pilzverzehr.
[fs] Elektronische Musik ist ohne György Ligetis "Artikulation"
[Schott-Wergo] aus dem Jahre 1958 gar nicht vorzustellen. Auch wenn
dieser "Sphäriker" eher durch die Klassiker "Atmosphere"
und "Lux aeterna" (in Kubricks "2001") bekannt
geworden ist (unter Bernstein/Ormandy kunstvoll von Subotnik elektronisch
verziert). "Artikulation" ist zwar auch auf der Geburtstagsedition
(6 CDs, Wergo) erschienen, aber leider ohne optischen Leit-faden,
der allein durch dieses 227-sekündige elektronische Sinus-Rauschen
führen kann (Frequenzdiagramm, Hörpatitur und Hintergrundinfos via
Booklet) und als Poster (Hör-patitur, kostet leider extra) jede
Räumlichkeit verziert: Akustisch und optisch eine Perle.
[tb] Kurz vor Redaktionsschluß flattert mir noch eine sehr schöne
CD ins Haus, die all jene, die vielleicht von der neuen Combustible
Edison eher enttäuscht sind, erfreuen sollte. Dodo nennt sich eine
junge Dame aus London, die anscheinend früher bei der eher mäßigen
Popcombo "The Beloved" getrommelt hat und die auf "The
Android`s Dream" [Sideburn/EfA] elektronische Soundlandschaften
entwirft, in denen sich Space-Sounds, Exotica, Easy-Listening-Pop,
Drum & Bass und vieles mehr tummelt. Interessant: der gelegentlich
recht exzessive Einsatz eines Theremins, jenes skurrilen frühen
Synthesizer. Klasse Album!
[mz] Langsam beginne ich diese Jungs aus München wirk-lich zu mögen:
die jüngste Veröffentlichung "Thonträger" [Blickpunkt
Pop/Semaphore] der fußballwahnsinnigen Sportfreunde Stiller geht
ins Ohr und bleibt auch dort! Warum muß ein Power-Pop-Hit nicht
mehr als drei Akkorde haben? Warum sind Sportfreunde Stiller so
ein Art Kreuzung aus Supergrass und Tocotronic und was hat Jack
Kerouac zusammen mit Olaf Thon auf einer Mini-CD von Stiller zu
suchen? Fragen, die die drei Sportfreunde im Eiltempo zu beantworten
wissen und zwischendurch sogar noch eine herzzerreißende Protest-Ballde
hinbekommen ("Jetzt haben wir’s euch gezeigt"). Tatsächlich,
denn jetzt heißt es gespannt sein auf den ersten Long-player der
drei Münchner. Coole Sixties Garagentunes sind das Markenzeichen
einer anderen Band aus München, der Chamberdeacons, die auf "Gigant
200" [Blickpunkt Pop/Semaphore] "The sound of silence",
diesen verdammten Schweineohrwurm von Simon & Garfunkel, elektrifizieren,
ansonsten an die amerikanischen Miracle Workers, sowie diverse andere
Neo-psychedelische Bands erinnern, und mit "She moves slowly"
einen kleinen Sixties-Hit ihr eigen nennen.
[tb] Vielleicht nicht ganz so zwingend wie der Erstling "Rockers
To Rockers" schwingt aber auch "Overproof" [WEA],
das neueste Werk der Birminghamer Rockers Hi-Fi gekonnt zwischen
Dub, Drum & Bass, P-Funk und HipHop der englischen Art. Die
ausgekoppelte Single "Transmission Central" klingt, als
hätten die Briten einen House-Kursus bei den Buben von Daft Punk
belegt. Insgesamt großer, guter Dance-Stoff jedenfalls!
[fs] Der Meister des Hochfrequenz-Minimal-Techno treibt wieder
sein Unwesen. Nach zwei grandiosen Veröffentlichungen auf dem Londoner
Avantgardelabel Touch (The Hafler Trio, Strafe Für Rebellion) mit
"0.0 Degrees" und "+/-" ist Ryoji Ikeda nun
auch exclusiv auf Staalplaat mit seiner Doppel-MiniCD vertreten.
"Time-space" ist ein hochfrequent-sphärisches Projekt,
das man nicht einmal begrifflich zu fassen bekommt, da es sich immer
wieder erfolgreich in ein entrücktes Schweben von Zeit und Raum
verflüchtigt. Übrig bleibt letztlich eine faszinierende Impression,
die es in sich hat. [fs] Diesesmal keine radical-string-music, wie
man sie sonst von Jon Rose gewohnt ist. Seine fünfte Veröffentlichung
auf RéR [EfA] gleicht eher einer kriegerisch-politischen Meditation
über die nordirischen Freiheitskämpfe und die Teilung. "Horch,
horch, lausche dem "Fence", es war einmal ein eiserner
Vorhang, die Notwendigkeit der Teilung; sie nennen es die Friedenslinie,
aber es ist auch die "Fence", und die geht durch Belfast".
Geführt wird dieser rote Faden durch die vorwiegend deutsche Er-zählerstimme,
die die unruhigen strings begleitet und doch eine gewisse Ausdauer
voraussetzt. Nun ja.
[tb]
Kruder & Dorfmeister und Curd Duca, die Sofa Surfers oder die
Herren Pulsinger und Tunakan - die Wiener Elektronik-Szene gilt
seit einigen Jahren als umtriebige und innovative. Einen guten öberblick
über die vielfältigen Ausdrucksformen dieser Szene gibt der Sampler
The Eclectic Sound Of Vienna [Spray/BMG Ariola], auf dem neben Duca,
Kruder (Peace Orchestra) und den Sofa Surfers auch Hans Platzgumer
(mit Cube & Sphere) und viele weniger bekannte acts versammelt
sind.